Essen. . Das öffentliche Leben in Essen steht am Mittwoch still: Das Rathaus ist verschlossen, die Busse der Evag stehen auf dem Betriebshof. Rund 6.000 Teilnehmer kamen nach Verdi-Angaben zur zentralen Kundgebung auf den Willy-Brandt-Platz.

„Warnstreik“ - Die großen roten Plakate waren am Mittwoch nicht zu übersehen: An Fahrkartenautomaten, Kindertagesstätten und am Rathauseingang kündeten sie vom Warnstreik im öffentlichen Dienst. Die Evag wurde ganztägig bestreikt, Busse und Straßenbahnen blieben auf den Betriebshöfen. Wer ins Rathaus wollte, stand vor verschlossenen Türen. Und auch einige Kindertagesstätten öffneten nicht.

Die im Vorfeld angekündigten streikbedingten Ausfälle bei der Evag brachten vor allem die Pendler ins Schwitzen. „Wir haben uns unter den Kollegen abgesprochen und eine Fahrgemeinschaft gebildet“, erzählt die 29-jährige Eva, die vor dem Hauptbahnhof auf ihre Mitfahrgelegenheit wartet, „wenn ich sehe, wie viele hier auf ein Taxi warten, bin ich sehr froh, dass wir das so geregelt haben.“ Dutzende Pendler, die im morgendlichen Berufsverkehr auf ihre üblichen Bus- und Bahnverbindungen verzichten mussten, sammelten sich an den Taxiständen am Hauptbahnhof. Dort herrschte jedoch das pure Chaos. Wer keine Fahrgemeinschaften organisiert hatte, musste sich in Geduld üben. „Die Gewerkschaften werden schon wissen, was sie tun“, zeigte sich Hans König aus Bremen entspannt am Taxistand. Für einen Workshop war er am Morgen aus der Hansestadt gekommen und hatte sich schon auf den Streik eingestellt. „Ich habe mir vorgenommen, gelassen zu bleiben.“

„Die Forderungen sind völlig an der Realität vorbei“

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Als vergleichsweise entspannt bezeichnete auch Polizeisprecher Peter Elke die Verkehrslage in Essen. Zwar mussten Autofahrer mehr Zeit mitbringen, weil vor allem die Hauptverkehrsadern wie die B224 voll waren.

Zu einem erhöhten Unfallaufkommen sei es dadurch aber nicht gekommen. Auch für einige Polizisten begann der Mittwoch früher als sonst: „Einige sind lieber ein halbes Stündchen länger gelaufen“, berichtet Peter Elke.

Die Organisation in den Kindertagesstätten am Streiktag schien ebenfalls zu funktionieren. Das eigens eingerichtete Info-Telefon in der Abteilung für Pädagogische Einrichtungen der Stadt blieb weitgehend still. „Offenbar haben die Kindertagesstätten im Vorfeld bereits sehr gut informiert, ob gestreikt wird und wie eine mögliche Notfallbetreuung aussieht“, berichtet Abteilungsleiter Mathias Bänfer. Mit den Kitas Barchemhöhe, Essener Straße, Kapitelwiese und Stauderstraße blieben vier städtische Kindertagesstätten wegen des Streiks geschlossen. „In allen anderen Einrichtungen war die Betreuung gewährleistet, wenn auch teilweise in reduzierter Form.“

Die Türen des Rathauses blieben dagegen komplett geschlossen. „Ich muss zum Dienstantritt erscheinen, deswegen bin ich hier“, erklärt ein Beamter der Verwaltung, der sich die Plakate am Rathauseingang durchliest, „es ist gut, dass die Kollegen streiken, die leisten schließlich auch viel.“ Unter den Pendlern waren die Meinungen zum Streik gemischt: „Warum sollten sie nicht für mehr Geld auf die Straße gehen? Ich würde das auch tun“, meint ein junger Mann, der streikbedingt am Hauptbahnhof gestrandet ist. Ganz anders sieht das Udo Fürstenau, der ebenfalls am Hauptbahnhof wartet. „Ich habe dafür kein Verständnis, die Forderungen sind völlig an der Realität vorbei“, ärgert sich Fürstenau über die geforderten 6,5 Prozent mehr Lohn, „die bekomme ich in der freien Wirtschaft nicht.“