Essen. Die Zahlen der Polizei zur Unfallentwicklung haben eine Debatte über Verkehrssicherheit ausgelöst. Angesichts der gestiegenen Zahlen von Verkehrstoten sowie verunglückten Fußgängern und Radlern fordern die Grünen flächendeckend Tempo 30 in der Stadt Essen.

Grünen- Sprecher Rolf Fliß fordert „Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit mit Ausnahme der Hauptverkehrsstraßen. Gleichzeitig muss durch mehr Geschwindigkeitskontrollen die Einhaltung von Tempolimits überwacht werden.“ Außerdem wollen die Grünen der Ausbau von Fahrradwegen und mehr Fahrradstraßen. Weil jeder zweite verunglückte Radler 2011 den Unfall selbst verursacht hat, appelliert Fliß an die Eigenverantwortung der Radler, etwa durch Tragen eines Fahrradhelms.

Kann Tempo 30 Unfallfolgen abmildern? „Auf jeden Fall würde es Wirkung zeigen“, sagt Polizeisprecherin Tanja Hagelüken. Polizeidirektor Dittmar Hoga hatte bei der Vorlage der Unfallzahlen eine Faustformel für die Überlebenschancen von Fußgängern bei der Kollision mit Autos verkündet: „Bei Tempo 65 sterben acht von zehn Fußgängern, bei Tempo 50 überleben acht von zehn Fußgängern.“ Tempo 30 würde also die Überlebenschancen deutlich steigern.

Verstärkte Kontrollen gefordert

Ist Tempo 30 politisch durchsetzbar? CDU-Ordnungspolitiker Siegfried Brandenburg hält flächendeckendes Tempo 30 weder für wünschenswert noch für machbar, sondern für „absoluten Quatsch.“ Außerdem: „Tempo 30 wird nächtliche Auto-Rennen nicht verhindern.“ Brandenburgs These: „99 Prozent der Autofahrer sind vernünftig“, eine weitere Reglementierung daher nicht notwendig. Statt dessen sollten gezielt Gefahrenstellen im Verkehr bekämpft werden. Brandenburg: „Dabei sollten wir ein bisschen mehr auf die Bezirkspolitiker hören. Die wissen, wo Gefahren lauern.“

Das passiert doch schon, sagt SPD-Fraktionschef Rainer Marschan und verweist auf die Arbeit der gemeinsamen Unfallkommissionen von Stadt und Polizei. Statt Tempo 30 fordert er „verstärkte Kontrollen auf Straßen, in denen bekanntermaßen gerast wird.“ In Einzelfällen könne Tempo 30 ebenso wie andere Maßnahmen, die die Unfallkommissionen verordnen, durchaus Gefahrenstellen entschärfen: „Wenn das hilft, dann ist das in Ordnung.“

Funktioniert der Verkehr noch mit Tempo 30? Wohl kaum angesichts der Essener Verkehrsknoten, die heute schon zu Stoßzeiten heillos überlastet sind. Dieter Schmitz, Chef der Verkehrsbehörde, warnt deshalb vor Aktionismus: „Das ist die falsche Reaktion.“ Statt dessen plädiert er für eine Debatte mit Augenmaß. „Wir werden die Augen vor den Unfallzahlen nicht verschließen“, sagt Stadt-Sprecherin Jeanette Kern. „Aber wir müssen alle Vorschläge darauf überprüfen, ob sie zielführend sind.“