Essen. . Es gibt Wagner-Produktionen, deren Haltbarkeitsdatum schon mit der Premiere überschritten ist. Mit Essens „Tristan und Isolde“ kehrte jetzt eine Deutung des Werks ins Aalto-Theater zurück, die auch fünf Jahre nach der ersten Aufführung noch begeistert.

Es gibt Wagner-Produktionen, deren Haltbarkeitsdatum eigentlich schon mit der Premiere überschritten ist. Mit Essens „Tristan und Isolde“, sicherlich die vom Publikum meistgeliebte Regiearbeit des Australiers Barrie Kosky, kehrte jetzt eine Deutung des Werks auf die Aalto-Bühne zurück, die auch fünf Jahre später noch begeistert. Ein konsequent durchgezogenes Liebes- und Psychospiel in den klaustrophobisch-engen und zugleich schwebenden Räumen. Oder die endliche Loslösung von der Enge der Welt im Schlussakt - auf der leeren Riesenbühne. Immer sehenswert.

Debüt als Brangäne

Dass Intendant und GMD Stefan Soltesz es wieder gelang, fast die Premierenbesetzung aufzubieten, tut dieser Wiederaufnahme nur gut. Wie man es bei dem ständig schrumpfenden Gästeetat noch schafft, eine Evelyn Herlitzius gleich für alle drei Vorstellungen zu engagieren, ist beachtlich. Denn Bayreuth, die Salzburger Festspiele oder die Wiener Staatsoper, sind die Liga, in der die Hochdramatische sonst spielt. Aber bei Soltesz sind Sänger ja gut aufgehoben. Vorausgesetzt man „kann“ miteinander.

Auch jetzt gehörten die Philharmoniker zu den Stars, die die Fluten der sich türmenden Wagnerschen See souverän durchpflügten. Vielschichtig, atmend, bei aller Dichte stets transparent: so präsentierte sich das Orchester, dem sein Maestro immer wieder Zügel anlegte. So trieb man den Tristan Jeffrey Dowds, bei aller Wagnererfahrung und kultivierten Gestalten immer noch ein eher baritonal und fast lyrisch gefärbter Tenor, vor allem im dritten Akt nicht in den tosenden Klang-Orkan. Evelyn Herlizius verfügt dagegen über soviel hochdramatische Wucht und nötiges „Metall“, dass sich die Mannen (und Frauen) im Graben ruhig mal austoben dürfen. Das gilt auch für den Kurwenal Heiko Trinsingers, dessen Volumen, Textverständlichkeit aber auch Stilistik ihn als Glücksfall für das Ensemble erscheinen lassen.

Mit Spannung erwartet das Rollendebüt von Michaela Selinger als Brangäne. Nach ihrem Essener Debüt mit Octavian und dem Festengagement entwickelt sich die Österreicherin zu einer Säule des Ensembles. Ihre Brangäne: wohltuend weich, mit schöner Linie, nichts weniger als eine keifende Giftmischerin. Ein Mezzo, dessen kommendes größeres Potenzial man jetzt schon mehr als nur ahnen kann. Jubel im vollen Haus.

Termine: Wagner im Aalto

Die nächsten beiden Vorstellungen in der gleichen Besetzung von „Tristan und Isolde“ gibt es am 5. und 12. Februar (jeweils Sonntag) um 18 Uhr. Als nächste Wagner-Wiederaufnahme steht am 3. März die „Götterdämmerung“ auf dem Programm. Info und Karten unter: www.theater-essen.de oder 81 22 200.