Essen. Beim Streit um die E-Zigarette hat sich jetzt die Stadt Essen eingeschaltet. “Wir dürfen uns nicht in einer rechtlichen Grauzone bewegen sondern müssen Klarheit schaffen“, erklärt Gesundheits-Dezernent Peter Renzel. Händler dürfen keine „Liquids“ mehr verkaufen. Damit ist ihr Geschäft faktisch tot.
Die Stadt fordert Händler und Apotheken auf, ab sofort keine nikotinhaltigen Flüssigkeiten mehr zu verkaufen, die für den Betrieb sogenannter „E-Zigaretten“ notwendig sind. Die als „Liquids“ bezeichneten Tinkturen werden in die Kunststoff-Gehäuse der „E-Zigaretten“ geträufelt und verdampfen dort. Das ermöglicht Nikotinkonsum ohne Qualm.
Die „E-Zigarette“ erfreut sich angesichts flächendeckender Rauchverbote einer schnell wachsenden Beliebtheit. Geräte und Zubehör werden in Tabakläden verkauft. Mittlerweile gibt es sogar ein halbes Dutzend Fachgeschäfte auf Essener Stadtgebiet.
Mit der Ankündigung, Hinweisen auf Läden nachzugehen, die nikotinhaltige „Liquids“ verkaufen, setzt die Stadt jetzt um, was das NRW-Gesundheitsministerium Mitte Dezember erlassen hatte: Die nikotinhaltigen Flüssigkeiten gelten als Arzneimittel, brauchen also eine Zulassung. Die gibt es aber nicht. Deshalb, folgerte man in Düsseldorf, müssen Handel und Verkauf verboten werden. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf bestätigte diese Argumentation vor wenigen Tagen.
„Wir dürfen uns nicht in einer rechtlichen Grauzone bewegen sondern müssen Klarheit schaffen“, erklärt Sozial- und Gesundheits-Dezernent Peter Renzel. Er kündigt an, dass die Stadt zu „einzelfallbezogenen Maßnahmen“ greifen wird.
Das bedeutet: „Wir schicken keine Kontrollen durchs Stadtgebiet“, sagt Hartmut Peltz, Leiter des Dezernentenbüros. „Aber wir gehen jedem Hinweis nach, den wir erhalten. Einige Hinweise liegen uns schon vor.“
Erstmal werden die Läden angeschrieben
Die Verwaltung, kündigt Peltz an, werde entsprechende Läden anschreiben und eine „Anhörung“ einfordern. Wer nicht reagiere, dem droht eine Unterlassungsverfügung. Wer dieser nicht nachkommt, könnte am Ende Zwangsgeld bezahlen – 500 Euro plus Verwaltungsgebühr. Die Gebühr kann theoretisch bis zu 10 000 Euro betragen.
„Wir werden uns mit unseren Anwälten beraten und juristisch dagegen vorgehen“, kündigt Ursula Ostwald an, die das Fachgeschäft „Dampfstube“ an der Alfredstraße betreibt. Die Kunden seien seit Monaten verunsichert. Wenn sie künftig nur noch nikotinfreie „Liquids“ verkaufen dürfe, sei das Geschäft im Grunde tot: „Der überwiegende Anteil ist nikotinhaltig.“
„Liquids“ gibt es in zahlreichen Geschmacksrichtungen, nicht nur Tabak-Aromen sind dabei, sondern auch Sorten wie „Apfel“ oder „Tiramisu“. Der Nikotingehalt ist unterschiedlich. Als Flüssigkeit wird Propylenglykol benutzt. In einem Tabakladen an der Limbecker Straße schüttelt man angesichts des neuen städtischen Verbots den Kopf: „Da geht es doch bloß um Tabaksteuer, die wegfällt“, ärgert sich die Verkäuferin. So lange keine Langzeitstudien vorlägen, seien Aussagen über die Schädlichkeit der E-Zigarette pure Spekulation.
Das sieht Rolf-Günther Westhaus, Sprecher der Essener Apotheken, anders: „Man weiß nicht, wie viel Nikotin man mit jedem Zug aufnimmt. Die Zusatzstoffe in den ,Liquids’ sind nicht deklariert. Es ist gut, dass jetzt endlich Klartext gesprochen und der Handel damit verboten wird.“
Anders als Nikotinkaugummi oder -pflaster – sie sind als Arzneimittel zugelassen – hätte die E-Zigarette auch nichts in Apotheken zu suchen gehabt. Doch das sehen wohl nicht alle seiner Kollegen so: In manchen Apotheken bekommt man die E-Zigarette. Oder: Bekam sie. Bis Freitag.