Essen. Seit 15 Jahren arbeitet Klaus Peter Dietz mit klinischer Hypnose. Von medienwirksamem Hypnose-Hokus-Pokus will der Heilpraktiker nichts hören. Wir haben den Selbstversuch gewagt - mit Skepsis und Kuscheldecke

Ruhig beginnt der Tag eher nicht. Die Autofenster sind zugefroren, der Eisschaber bricht ab, dann stockt der Verkehr, die Baustelle war gestern auch noch nicht da und als ich schließlich abgekämpft auf den letzten Drücker die Treppen zu Klaus Peter Dietz’ Therapiepraxis hinauf haste, denke ich: Bessere Voraussetzungen kann es für einen Selbstversuch in klinischer Hypnose und Tiefenentspannung kaum geben – von größter Hektik zurück in den ersten Gang.

Der Glaube fehlt mir. Aber versuchen wir’s.

Klaus Peter Dietz öffnet die Tür, ist sichtlich nicht gehetzt und mit Zeit gesegnet. „Ganz ruhig“, sagt er, „ich bin ja hier.“ Er führt mich in sein Behandlungszimmer, in dem die Vorhänge zugezogen sind. Kerzen flackern in Salzlampen, sanfte Flötenmusik wabert durch den Raum und eine Stimme, Dietz’ Stimme, die so klingt, wie man sich einen tiefen Bass vorstellt nach herrlich durchzechten Nächten.

„Schließen sie die Augen, sie werden ruhig, ganz ruhig.“

Immer noch hektisch nehme ich auf der Liege Platz, bekomme eine Decke und eine Hand - „oder stört Sie das“ - auf die Stirn gelegt. Dann redet nur noch Dietz. „Schließen sie die Augen, sie werden ruhig, ganz ruhig.“ Und ich hab’ schon ein wenig Probleme, das Gehörte mit meinem Empfinden zu synchronisieren. Kurz überlege ich, ob es die freundlich knarzende Stimme vergrätzt, wenn ich ein paar Faxen mache, Schnarchen vielleicht.

Und während ich mir noch das Grinsen verkneife, merke ich, dass ich im dritten Gang angelangt bin. Als wollte ich mir ein Fleißkärtchen erarbeiten atme ich also mit, ruhig und ruhiger, und voilà, befinden wir uns im zweiten Gang.

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Das mag fünf Minuten gedauert haben, wird gerade richtig nett, bis Dietz verkündet: „Hier hören wir mal auf, sonst sind Sie gleich weg.“ Schade eigentlich, das war nett. Dabei: Was war es eigentlich?

Von medienwirksamem Hypnose-Hokus-Pokus will der Heilpraktiker nichts hören. „Hypnose ist nichts anderes als Tiefenentspannung. Man kann weder jemanden zwingen, etwas zu tun, das er nicht will. Noch ist es dazu geeignet, jemanden über zwei Stühle zu legen.“ Dafür könne Hypnose in der Medizin und als „Lebenshilfe“ Großartiges leisten.

Unterbewusstsein umprogrammieren

Die Theorie dazu ist einfach. Rund 80 bis 90 Prozent unserer Handlungen werden durchs Unterbewusstsein gesteuert, nur 10 bis 20 Prozent seien dem Wollen zuzuschreiben. Dass man nicht mehr Grübeln und statt dessen gut schlafen will, sei mithin ein guter Plan, „nur ist das Wollen dem unbewussten Handeln schwer unterlegen. Also muss man das Unterbewusstsein umprogrammieren.“ Und man müsse in sich und dort auf die Suche nach Ursachen, nach Antworten gehen.

Der Rückenschmerz, der allen Schulmedizinern unerklärlich ist, die Migräne, für die sich keine Ursache finden ließe – alles Fälle, die auf Dietz’ Couch landen. „Die Erkenntnis, dass Menschen, die eine große Last tragen oder viel grübeln, Rücken- oder Kopfschmerzen bekommen, die ist ja nicht neu.“

Die Frage sei jedoch, was den Menschen unterbewusst so sehr plage, dass er unter dieser Last Schmerzen empfinde – und eben darauf finde man Antwort im Unterbewusstsein. Dass sich nun nicht alle Probleme lösen lassen, wenn man die Ursache kennt, weiß Dietz ja selbst. „Aber in der Hypnose kann man das Selbstbewusstsein so stärken, dass der Mensch lernt, ruhiger und gelassener seine Last zu tragen. Gesundheit ist doch in erster Linie Harmonie mit uns selbst.“

Gefahren der Hypnose

Nun birgt diese Methode auch Gefahren. Denn die Reise ins Ich, sie kann lang verschüttete Sorgen und Ängste wieder an die Oberfläche befördern. „Noch ein Grund mehr, daraus keine Fernseh-Show zu machen“, sagt Dietz. Zur Behandlung gehöre die sorgfältige Anamnese, eine Nachsorge und in allererster Linie eine fundierte Ausbildung in medizinischer Heilhypnose.

Doch so vorzeigbar die Erfolge auch sind, so viele klinische Studien es über die Erfolge der Methode gibt – zahlen muss der Patient für die Sitzungen selbst. Und eine Garantie dafür, dass der Kunde die Liege von Klaus Peter Dietz tiefenentspannt verlässt, die gibt es nicht.