Essen. Baumverkäufer berichten – über Kunden und das Wesen von Tannenbäumen. So hat Gerhard Wydlowski (65) festgestellt, dass bei Familien mit kleinen Kindern die Kinder entscheiden, welcher Baum es sein soll. Außerdem geht's beim Tannenkauf zu wie auf dem Basar - “Die Leute wollen handeln“, sagt Wydlowski.

Gerhard Wydlowski (65) ist seit ein paar Monaten Rentner, er hat Jahrzehnte als Möbelpacker gearbeitet in Rüttenscheid und Umgebung. Er hat also ziemlich viele Wohnungen von innen gesehen, deshalb kann er mit Bestimmtheit sagen: „Hier in Rüttenscheid können Sie gut große Tannenbäume verkaufen, wegen der Altbauten. Die hohen Decken. 2,80 bis 3,20 Meter sind da Standard.“

Seit Montag steht er an der Haltestelle Martinstraße und verkauft Tannenbäume. Als kleiner Zuverdienst, wie er sagt. Ein Freund, der schon Jahre im Tannenbaumgeschäft aktiv ist, holt die Bäume aus dem Sauerland. Wydlowski hat in den wenigen Tagen seines neuen Jobs viel gelernt über die Kundschaft: „Bei Familien mit kleinen Kindern entscheiden immer die Kinder, welcher Baum es sein soll.“ Denen könne der Baum gar nicht groß genug sein. Senioren hingegen würden kleine Bäume bevorzugen, maximale Größe 1,20 Meter.

Kunden wollen handeln

Die Nordmann-Tanne (nadelt erst zu Karneval) hat sich längst durchgesetzt gegen die Edeltanne (nadelt schnell, riecht aber toll). Und: „Die Leute“, hat Wydlowski festgestellt, „wollen handeln.“ Dabei gibt es eigentlich Festpreise pro Meter und Tannen-Sorte.

„Trotzdem“, sagt auch Marion Schade, die weiter südlich in Rüttenscheid an der Florastraße Tannenbäume verkauft: „Die Tanne ist ein Naturprodukt. Wenn’s ums Bezahlen geht, versuchen manche Kunden häufig, mit dem Verweis auf den einen oder anderen Makel den Preis zu drücken.“ Sie kommt aus Eslohe im Sauerland, seit 23 Jahren ist sie immer wieder an dieser Stelle, direkt vor dem Edeka-Markt. Sie verweist auf „Frische und Qualität“, und sie erzählt, dass die moderne Technik längst Einzug gehalten hat beim Christbaumkauf: „Manchmal zücken Leute ihr Handy, zeigen mir ein Digitalfoto vom letzten Weihnachtsfest und sagen, genau so einen Baum hätten sie wieder gern.“

Bäume nicht direkt an die Heizung stellen

Andere Kunden beschreiben ausführlich ihre Wohnung und wie die Möbel stehen, und dass in diese Nische oder jene Lücke nun der Baum soll, und was man da machen könne.

David Molitor (19), der Frau Schade beim Verkauf unterstützt, gibt drei goldene Tipps für die Pflege eines Weihnachtsbaums: Erstens nicht direkt an die Heizung stellen, zweitens Gießen (der Baum saugt weiter Wasser, obwohl er keine Wurzeln mehr hat), und drittens: Bevor der Baum reinkommt, sollte er möglichst lange draußen gelagert werden, „damit er Regen abbekommt.“ Ansonsten, berichtet Marion Schade, gebe es die eiligen Kunden, die den nächstbesten Baum nehmen, und andere, die ganz genau schauen: „Da spielt nicht nur der Wuchs, sondern auch die Farbe eine Rolle.“

Christbaumständer zur Anprobe

Dass die Blaufichte bläulich schimmert, ist ja klar, aber: Selbst Nordmanntannen haben oft unterschiedliches Grün. „Das liegt dann am Boden, auf dem die Bäume gewachsen sind.“ Es sei jedoch noch nie vorgekommen, dass sie einen Baum wieder umtauschen sollte, weil der im Wohnzimmer eines Kunden dann doch irgendwie anders ausgesehen habe. Oder zu groß oder zu klein war. Apropos: Clevere Kunden, die keine Lust haben, kurz vor der Bescherung noch am Baumstumpf herumzuschnitzen, bringen direkt den Christbaumständer von zu Hause mit. Zur Anprobe, sozusagen.

Bei aller Liebe für schön gewachsene Bäume: „Die meisten Geschichten gibt es in Familien nur über krumme Bäume, an die erinnert man sich länger“, sagt Marion Schade.