Essen. . Wer sich im Sommer über nervöse Kunden in Rüttenscheider Bars und Restaurants wunderte, dürfte jetzt eine Erklärung haben. Denn vor der VI. Essener Strafkammer sitzen seit Montag fünf Männer, die laut Anklage die Rüttenscheider Gastronomieszene mit Kokain versorgten.
In wechselnder Beteiligung sollen vier Albaner und ein Marokkaner ein Jahr lang einen schwunghaften Handel mit der illegalen Droge betrieben haben. Am 6. Juli beendete die Polizei das lukrative Geschäft und nahm die Angeklagten zeitgleich fest.
Aus der Szene selbst kam der Tipp. Ein bereits verurteilter Koch, der in Rüttenscheid und Werden gearbeitet hatte, packte Anfang des vergangenen Jahres aus. Er lieferte mit Kokain-Hinweisen einen Bandido, einen Tennisclubpächter und einen Polizisten ans Messer. Auf diese Beschuldigten hat die Justiz bereits reagiert. Der Hinweis auf eine Dealer-Gruppe als Lieferanten für Bars und Lokale entlang der Rüttenscheider Straße bedurfte aber längerer Ermittlungen.
Dank abgehörter Telefonate kam die Polizei dann einer Gruppe Albaner, 24 und 25 Jahre alt, auf die Spur. Ein gut organisierter Geschäftszweig war da laut Anklage aufgebaut worden. In Holland wurde der Stoff telefonisch bestellt und am selben Abend oder am nächsten Morgen nach Essen gebracht. Schnell nahmen die Dealer Kontakt mit ihren Kunden auf und lieferten vor Ort.
Großer Junge mit Käppi
Treffpunkt war oft eine Bar mitten in Rüttenscheid. Eine Thekenkraft war mit einem der Albaner befreundet, so dass die Kokser wussten, wo ihr Lieferant sich aufhielt. Die Dealer selbst, so hörte die Polizei mit, unterschieden ihre Kunden oft anhand derer Autos: „Der mit dem Audi“ oder „Der mit BMW, großer Junge mit Käppi“. Den „Polen mit Mercedes“ gab es ebenfalls. Auch er bekam die gewünschte Anzahl von 0,3 Gramm Kokain in einem Bobble. Unternehmer, Handwerker gehörten zu den Kunden, aber auch hochrangige Vertreter aus der Verlagsbranche.
Am 5. Juli hatte der Hauptangeklagte Ilir S. (24) laut Anklage telefonisch 700 Gramm Kokain in Holland geordert. Doch als Kurier Ndricim R. (24) die Ware am nächsten Morgen nach Vogelheim zur Übergabe gebracht haben soll, griff die Polizei zu. Im Kofferraum des Autos fand sie 357 Gramm Kokain, in seiner Kleidung soll der Kurier weitere 339 Gramm Rauschgift verborgen haben.
Vier der Angeklagten schweigen zunächst. Ein Fünfter ist geständig, deshalb trennt die Kammer sein Verfahren ab. Der 24-jährige, der als Döner-Koch arbeitet, hatte laut Staatsanwalt Tim Engel trotz guten Lebenslaufes „Kontakt mit den falschen Leuten“. Neun Monate Haft mit Bewährung gab es; nur wegen Beihilfe, weil er für den Hauptangeklagten dank guter Sprachkenntnisse lediglich Verhandlungen führte. Richterin Jutta Wendrich-Rosch sprach von einer „gewissen Reue“ des Angeklagten.