Essen. Stolze 39 Jahre lang hat Heinz Bittscheidt (63) den Essener Weihnachtsmarkt begleitet. Mit Marktende am 23. Dezember geht „Mister Weihnachtsmarkt“ in den Ruhestand. Fertig wird der Weihnachtsmarkt nie sein, sagt Bittscheidt, und blickt zurück auf eine spannende Zeit.
Der Mann ist auf Abschiedstour. 39 Jahre lang hat Heinz Bittscheidt (63) den Essener Weihnachtsmarkt begleitet, sagt er selbst bescheiden. Mehr als das: maßgeblich mitgestaltet habe er ihn, lobte Oberbürgermeister Reinhard Paß bei der Weihnachtsmarkt-Eröffnung unter dem spontanen Beifall der Schausteller und Markthändler. Die 40 kriegt er nicht mehr voll: Mit Marktende am 23. Dezember geht „Mister Weihnachtsmarkt“ in den Ruhestand.
Der Wahrheit die Ehre: die Stadt hat den Weihnachtsmarkt nicht erfunden. „Bevor die Stadt auf dem Kennedyplatz einen Markt veranstaltet hat, hat Opa da schon Jahre gestanden“, sagt Oliver Müller, Sprecher der Interessengemeinschaft der Schausteller. Opa, das ist Erich Knocke, der große alte Mann der Essener Schausteller und Gründer des Schaustellermuseums.
Aber nochmals der Wahrheit die Ehre: Kirmeswagen auf dem Kennedyplatz, das fühlte sich nur bedingt weihnachtlich an. „Unsere schwierigste Aufgabe war über all die Jahre, den Schaustellern klarzumachen: Die Optik eines Weihnachtsmarktes ist anders als die einer Kirmes“, sagt Bittscheidt im Rückblick.
Ein ganz besonderes Ambiente
Diesen Konflikt gab es schon 1972, als der Humboldtschüler Bittscheidt nach zwei Jahren Praktikum und drei Jahren „Vorbereitungszeit“ auf den gehobenen Dienst und einem Jahr im Amt für Zivilschutz zum Amt für Wirtschafts- und Verkehrsförderung abkommandiert wurde. Dort grübelten die dienstälteren Kollegen Wolf und Döring über dem Kampfauftrag des Oberbürgermeisters: Schafft auf dem Kennedyplatz ein ganz besonderes Ambiente und sorgt dafür, dass die Kirmesbuden nicht so ins Auge fallen.
Die geniale Lösung lieferten sie im Spätherbst 1973 ab mit dem „Internationalen Weihnachtsmarkt Alt-Essen“. Sie stellten auf den Kennedyplatz eine Kulisse der historischen Stadtmauer Essens nach dem berühmten Stich von Braun und Hogenberg aus dem Jahr 1590. Jungspund Bittscheidt musste damals die Bühne betreuen und dafür sorgen, dass die Künstler rechtzeitig auftraten. Und, manchmal noch wichtiger: dass sie auch rechtzeitig wieder abtraten.
Die Stadtmauer überlebte nicht viele Weihnachtsmärkte. Statiker bekrittelten ihre Standfestigkeit, richtig wetterfest war sie auch nicht. Am längsten überlebte die Mittelkulisse quer über den Platz, der den Büdchen den Rücken deckte. Bittscheidt: „Wir wollten damals schon die Kirmesbuden verstecken.“
Keine kippelige Brunnen-Überbauung mehr
Die Zahl von 80 Buden wuchs in den Folgejahren auf rund 100. Einen Meilenstein markierte der Umbau des Kennedyplatzes 1988, als die Tiefgarage gebaut wurde. Der Weihnachtsmarkt 1989 wuchs auf 140 Buden, dazu brauchte es nicht mehr die kippelige Brunnen-Überbauung. 1993 sollte vom Weihnachtsmarkt auch die Nord-City profitieren durch eine Erweiterung auf Flachsmarkt, Fontänengasse und Kopstadtplatz. Funktionierte nicht wirklich: „Das ist nun mal eine Fläche, wo die Leute nicht gern hingehen“, sagt Bittscheidt.
Sein heute bewährtes Erscheinungsbild hat der Weihnachtsmarkt seit der Fertigstellung des umgebauten Willy-Brandt-Platzes 1995 und der Ausweitung auf Kettwiger und Rathenaustraße sowie der Premiere der Lichterkrone auf dem Kennedyplatz 1999. Rund 250 Buden binden heute den Weihnachtsmarkt, dazu sorgfältig eingestreute Fahrgeschäfte, eine gemeinsam mit den Schaustellern entwickelte Optik. Bittscheidt: „Die haben richtig Geld in die Hand nehmen müssen.“
Fertig wird der Weihnachtsmarkt nie sein, sagt Bittscheidt: „Wir müssen immer dran bleiben. Wir müssen neue Dinge testen.“ Er muss das nicht mehr tun. Aber vielleicht wird er auch im Ruhestand noch ein wenig am Ball bleiben. „Die Krippen, die liegen mir am Herzen.“