Essen. Die jungen Männer von United Sports kümmern sich vor allem um jugendliche Migranten. Für ihr Engagement wurden sie 2010 mit dem Preis „Essens Beste“ ausgezeichnet. Seither hat sich die Mitgliederzahl ihrer Abteilung verdoppelt.

Sie kennen sich aus mit Krisengebieten. Haben ihre Wurzeln im Libanon oder in Afghanistan, sind aufgewachsen in den Hochhaussiedlungen der Essener Oststadt. Und haben eine Erfolgsgeschichte zu erzählen: jeder für sich und alle zusammen. Im Frühjahr 2010 haben sieben Männer, die sechs Nationalitäten angehören, den Preis „Essens Beste“ gewonnen, in der Kategorie Ehrenamt. Zwei Jahre vorher hatten sie die Gruppe „United Sports“ gegründet, die sich als Abteilung des MTG Horst besonders an junge Migranten wendet.

Nun da wieder die Bewerbungen für „Essens Beste“ laufen, haben wir sie beim Training in der Marienschule in Steele besucht und nachgefragt, was aus ihrem Engagement geworden ist.

Was sich geändert hat? Sebastian Tlatlik lacht: „Wir sind jetzt zu acht. Es ist ein Quotendeutscher dazu gekommen.“ Vor allem aber habe sich die Zahl der Kinder und Jugendlichen verdoppelt, die an ihren Sportangeboten teilnehmen; rund 100 sind es heute. Das Preisgeld, das war gleich klar, sollte diesen Kindern zugute kommen. So haben sie neues Equipment gekauft und Ausflüge organisiert, zum Beispiel zum Weihnachtsmarkt.

Fußball statt Playstation

Tlatlik ist 29 und mittlerweile hauptamtlich beim MTG Horst beschäftigt. Er weiß, wie viel der Sport den Kindern bedeutet – und was sie sonst machen würden: „Playstation, Abhängen, dumme Gedanken, Ärger mit der Polizei.“ United Sports setzt Fußball, Boxen und Unique Sports – einen Abenteuersport – dagegen. „Die sollen ausgepowert nach Hause gehen.“

Und nicht nur das: „Beim Boxen nehmen wir auch an Wettkämpfen teil, das motiviert die Kinder. Sie wollen ja Erfolg haben“, sagt Tatdat Pham (24), der aus Vietnam stammt. „Wer selbstbewusst und erfolgreich im Sport ist, muss sich nicht auf der Straße prügeln“, ergänzt der 26-jährige Akmal Sadullaev. Im Übrigen gelte: Wer doch zuschlägt, wird vom Training ausgeschlossen.

Bei United Sports gehe es für manche auch darum, erstmals im Leben feste Regeln zu lernen. Auf 20 Teilnehmer kommen deshalb drei Betreuer. „Manchmal bringt uns die Polizei einen Kandidaten und sagt: ‘Kümmert euch mal um den.’“

Männliche Vorbilder sind rar

Oft seien sie die einzigen männlichen Vorbilder für die Jungen, von denen viele bei alleinerziehenden Müttern aufwachsen. „Bevor wir United Sports gegründet haben, waren wir als Übungsleiter im Offenen Ganztag an der Grundschule Bergmannsfeld. Da kamen wir auch gut an“, sagt Radeb Neko. So gut, dass der Vorsitzende des MTG Horst sie quasi abgeworben hat: Er hatte die Idee, in seinem Verein ein Angebot vor allem für junge Migranten zu starten. Es sollte für jeden bezahlbar sein: Für 1,50 Euro im Monat können die Kinder bis zu fünf Mal wöchentlich zum Sport gehen.

Es sei wichtig, den MTG Horst als größten Essener Sportverein im Rücken zu wissen, sagen die jungen Männer. Umgekehrt bringen sie eine wichtige Qualifikation für ihren Trainerjob mit. „Wir verstehen diese Kinder, können uns in die hineinversetzen“, sagt Fiarid Dia, der aus dem Libanon kommt und gerade seine Bachelor-Arbeit im Fach Maschinenbau schreibt. Dass er selbst als Teenager „keinen Mist gebaut hat“, schreibt er auch dem Sport zu. „Ich hab viel Halt bekommen, möchte nun etwas zurückgeben.“ Ähnlich sehen es Radeb und Akmal, die Elektrotechnik bzw. International Management studieren – und trotzdem Zeit für das Training finden.

Tatdat Pham schließlich will sich hauptberuflich um Kinder kümmern: Er macht gerade sein Referendariat an einer Bochumer Grundschule. Da dürfte der 24-Jährige doppelten Exotenstatus haben, als Mann und Migrant.

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