Essen. . Obwohl das Defizit geringer ausfällt, enthielt sich Oberbürgermeister Reinhard Paß bei der Abstimmung im Rat. Die Mehrausgaben seien nicht seriös finanziert, wurde kritisiert. DerWesten stellt hier alle Haushaltsreden zum Download zur Verfügung.
Zahlen lügen nicht? Oberbürgermeister Reinhard Paß hat da so seine Zweifel - und enthielt sich bei der Verabschiedung des Haushaltsplanes für das Jahr 2012 im Rat der Stimme.
Dass SPD und Linke den Entwurf, der am Mittwochabend nach mehrstündiger Debatte schließlich zu Abstimmung stand, nicht mittragen würden, damit war vielleicht zu rechnen. Auch Paß, der den Entwurf als Chef der Verwaltung eingebracht hatte, meldete Bedenken an, was ihm gestern von Seiten der Grünen prompt den Vorwurf einbrachte, er lasse in der Haushaltspolitik eine klare Linie vermissen.
Sparziel in Gefahr?
Tatsächlich liest sich der Haushaltsplan, den der Rat mit den Stimmen von CDU, FDP, Grünen und EBB, durchbrachte, freundlicher als jener Entwurf, den Stadtkämmerer Lars-Martin Klieve dem Rat vor Beginn der Haushaltsberatungen im Juni vorgelegte hatte. Das für 2012 ursprünglich errechnete Defizit in Höhe von 264 Millionen Euro bei einem Haushaltsvolumen rund 2,3 Milliarden war bereits auf 212,8 Millionen zusammengeschmolzen, im Wesentlichen weil die finanziellen Zuweisungen des Landes höher ausfallen als zunächst erwartet.
Durch eine Reihe von Änderungsanträgen drückte das „Viererbündnis“ das Defizit um weitere 1,8 Millionen Euro. Rechnerisch kommt die Stadt damit ihrem Ziel, möglichst bald einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen zu können, sogar näher. Bis zum Jahr 2015 könnte der Fehlbedarf nach Kalkulation der Finanzverwaltung auf 22,6 Millionen Euro sinken. Oberbürgermeister Reinhard Paß bezweifelt jedoch, dass die Rechnung, die CDU, FDP, Grüne und EBB allein für das kommende Jahr aufgemacht haben, aufgeht.
Das „Viererbündnis“ geht davon aus, dass die jährliche Abgabe der Stadt an den Landschaftsverband Rheinland, um 4,5 Millionen Euro sinken wird. Drei Millionen Euro mehr sollen in die Stadtkasse fließen, indem die Stadt ausstehende Zahlungen effizienter eintreibt als bisher. Zusätzliche Ausgaben zum Beispiel für die Ausstattung von Schulen (250 000 €), die Bauunterhaltung städtischer Immobilien (1,7 Millionen €) oder die Suchthilfe (130 000 €), aber auch der Verzicht auf eine Bettensteuer, die der Stadt laut Kämmerer 3,5 Millionen Euro eingebracht hätte, sollen so finanziert werden.
SPD wollte Ausgaben für Offenen Ganztag erhöhen
Die Ausgaben seien „unseriös“ gegenfinanziert, kritisiert SPD-Fraktionschef Rainer Marschan und weiß sich darin mit seinem Parteifreund, OB Paß, einig. Sollten sie Recht behalten, so ihre Befürchtung, könnte das Defizit im Haushalt höher ausfallen als 212,8 Millionen wie berechnet. Das Sparziel, ein ausgeglichener Haushalt, geriete dadurch in Gefahr.
Das „Viererbündnis“ hält dem entgegen, dass auch SPD und Linke eine Reihe von Änderungswünschen eingebracht hatten, die ebenfalls Geld gekostet hätten und denen sich der OB schließlich angeschlossen habe.
Die Ausgaben für den Offenen Ganztag an Grundschulen wollte die SPD um 400 000 Euro erhöhen, die Suchthilfe gar mit 300 000 stärken. Die SPD wollte unter anderem dies mit einer Erhöhung der Gewerbesteuer finanzieren. Eine Mehrheit im Rat fanden die Sozialdemokraten für eine Steuererhöhung nicht. Und der Oberbürgermeister? Enthielt sich auch in dieser Frage.