Essen.. Axel Pollheims „Reden mit Essen“ ist als gesellschaftlicher Treff unentbehrlicher denn je. 300 bis 400 Leute treffen sich hier bisher zehnmal im Jahr im gediegenen Rahmen des Colosseums. Die Sponsoren machen sich allerdings rar.

Eine Stadt wie Essen sollte einen regelmäßigen gesellschaftlichen Treff haben - mindestens. Bis zum vergangenen Sommer und dem frühen Tod von Viktor Seroneit gab es in der Ruhrstadt sogar zwei, nun hat Axel Pollheims „Reden mit Essen“ quasi das Monopol. 300 bis 400 Leute treffen sich hier bisher zehnmal im Jahr im gediegenen Rahmen des Colosseums, um ganz ohne Facebook oder Xing leibhaftig von Mensch zu Mensch ins Gespräch zu kommen.

Kommunalpolitiker, Wirtschaftsleute, Leitende Verwaltungsbeamte, Kreative, Journalisten - es ist ein buntes Völkchen. „Netzwerk pur“, sagt Pollheim, der diese Treffs organisiert. Aber er klagt leider auch: „Essen weiß diese Veranstaltung nicht so zu schätzen wie Düsseldorf oder Neuss.“

„Die Ruhrtalbrücke ist schon eine Grenze“

Auch im Rheinland, wo das Netzwerken vermutlich selbstverständlicher in der Luft liegt, veranstaltet der gelernte Journalist und jetzige Leiter der Unternehmenskommunikation beim Immobilien-Konzern Signa Ähnliches. In Essen muss er im nächsten Jahr auf acht Treffen runtergehen, und mancher munkelt, dies sei auf längere Sicht womöglich noch nicht das letzte Wort. „Die Ruhrtalbrücke ist schon eine Grenze“, so Pollheim.

Kein Wunder, dass die Fondsfirma Signa und das Medienhaus VVA als Veranstalter jeweils Partner suchen und leider nicht mehr im bisherigen Maß finden, sodass Neuss und Düsseldorf Essen quersubventionieren. Zehn bis zwölf Sponsoren werden pro Veranstaltung gebraucht, jeder von ihnen zahlt 2500 Euro und darf zehn Gäste mitbringen. Der Rest sind eben jene „Meinungsbildner der Region“, sagt der 62-Jährige. Drei von vier kommen aus Essen.

Jeder kommt, wann er will

Kann sein, dass man neben Ex-Minister Oliver Wittke zu stehen kommt, neben Toto von „Toto & Harry“ oder neben einem Journalisten des Amateurfußball-Magazins „Auf Asche“: Jeder kommt, wann er will, bleibt, wie lange er will, niemand muss um der Höflichkeit willen eine Rede abwarten. Die Einlader versprechen sich davon einen Imagegewinn, und keiner muss sich sorgen, im Heizdecken-Verkaufsstil auf Geschäfte angesprochen zu werden.

„Manche kommen für zehn Minuten, manche stehen um sieben auf der Matte und machen um zwölf mit mir das Licht aus“, so Pollheim. Es ist wie bei jeder Party: „Die Leute wollen reden, und wir machen das möglich. Ihr Essen könnten die auch selber zahlen.“ Wobei ihm auffällt, dass es Leute gibt, die hier „die billigste Kneipe in Essen“ wittern. Aber das sind Ausnahmen.

Gesprächsstroff liefern und im Gespräch sein

Die meisten Besucher wissen genau, was das Wertvolle, ganz Unersetzbare an „Reden mit Essen“ ist. Es geht darum, Gesprächsstoff zu liefern und im Gespräch zu sein – als Marke, als Unternehmen, als Mensch in Wirtschaft und Politik, Kultur und Sport. Wo der Augenarzt mit dem Varieté-Chef, der Fußballtrainer mit der Polizeipräsidentin, der Ex-Minister mit der Modeschöpferin spricht.

„Für mich ist immer das Faszinierende, wer mit wem quatscht“, sagt Pollheim, und so haben sie es ja wohl auch in den Salons des 18. und 19. Jahrhunderts gehalten, die bis zu einem gewissen Grad als Vorbild für derlei Veranstaltungen gelten können: Den freien Ideenaustausch im Blick, ungeachtet von Klassenschranken, ein Ort bürgerlicher Geselligkeit. Pollheim: „Mir macht es einfach Spaß, Leute zusammenzuführen.“

Bleibt zu hoffen, dass das so bleibt.