Essen. .
Die Fans von Rot-Weiss Essen lassen sich ihren Humor nicht nehmen. Da wird aus einer Niederlage auch schnell mal ein Sieg. Aus dem 0:3 gegen Hertha BSC im Pokal am Mittwochabend haben Spaßvögel auf der Anzeigentafel im Georg-Melches-Stadion ein 4:3 gemacht. Schön wär’s. Ja hielte der Viertligist doch nur sportlich mit dem Tempo mit, dass sie auf der Baustelle gleich hinter der ehemaligen Westkurve vorlegen.
Dort kann man inzwischen dabei zusehen, wie die Tribünen des neuen Stadions in die Höhe wachsen. Die Haupttribüne nimmt Formen an, 30 Meter lange, tragende Betonteile für die Stehtribünen stehen schon oder werden in den nächsten Tagen gesetzt.
Der Rest bleibt vorerst Phantasie: Der Blick aus dem Spielertunnel auf den grünen Rasen zum Beispiel. „Hier werden eines Tages die Spieler von Real Madrid stehen und zittern“, sagt Markus Kunze vom Bauherrn, der städtischen Grundstücksverwaltung GVE, wohl wissend, dass die Gegner Wiedenbrück, Idar-Oberstein oder Eintracht Trier heißen werden. RWE kickt auch in der nächsten Spielzeit viertklassig; danach sieht es aus. Das neue Stadion soll aber Profianforderungen genügen, zumindest für die zweite Liga.
„Die Arbeiten liegen voll im Plan“, sagt Markus Kunze. Ob es dabei bleibt, wird vom Winter abhängen. Bis April soll der Rohbau stehen. Nicht im Plan liegen die Kosten. Eine Million mehr als veranschlagt musste die GVE für Baugenehmigungen ausgeben, heißt es dort. Steigende Stahlpreise verkomplizierten das Kalkulieren, denn abgerechnet werde erst bei Lieferung. Also im Frühjahr, wenn die Dachkonstruktion an der Reihe ist. Bis dahin dürfte der Bauherr auch klarer sehen, was der Abbruch des Georg-Melches-Stadion kosten wird. Auch da wird noch kalkuliert.
Die vielen Fragezeichen sorgen bei politischen Entscheidungsträgern für Nervosität. 33 Millionen Euro - mehr darf der Bau des neuen Stadions nicht kosten. Alles andere brächte die Politik in Erklärungsnöte. Und erst jetzt, da der erste Anstoß näher rückt, scheint so manchem Ratsvertreter aufzugehen, dass die Stadt draufzahlen wird, so lange RWE in den Niederungen des Amateurfußballs hängen bleibt. Die Stadt zahlt also drauf. Das war bekannt. Aber wie lange und wie viel? Die GVE rechnet mit Betriebskosten von 700 000 Euro pro Jahr. Wie viel Geld reinkommt in die Kasse, wird nicht zuletzt davon abhängen, wie weit die Stadt ihrem „Ankermieter“ Rot-Weiss Essen finanziell entgegen kommt, ohne dem Verein finanziell die Luft zum Atmen zu nehmen. Soviel steht fest: Steigt RWE auf, steigt auch die Miete.
Und dann soll das neue Stadion ja auch vermarktet werden. Immerhin: Ein Autohändler, der 2012 seine neuen Modelle vorstellen will, hat sich bereits gemeldet...
Küche und Kabinen
„Wir bauen so weit wie wir kommen“, heißt es bei der GVE, wo sie zeitgleich den Rotstift ansetzen - bei der Stahlkonstruktion und nicht nur dort. Entmüdungsbecken im Kabinentrakt für schwere Kickerbeine wird es nicht geben. Das gilt auch für eine erstligareife Ausstattung für Küche und Catering, es sei denn, der Caterer bringt sie mit. Und sollte das Fernsehen mal wieder übertragen, wird die Beleuchtung nur Zweitliga-Ansprüchen genügen.
Kein Grund schwarz zu sehen. Vier Tribünen werden auf jeden Fall gebaut, versichert die GVE. Mancher hätte sich die Ränge übrigens steiler gewünscht. Der Winkel ist der Konstruktion geschuldet, denn eines schönen Tages in ferner Zukunft soll ja ein zweiter Rang oben drauf. Träumen dürfen sie ja, die RWE-Fans.