Das Essener Familienunternehmen Starke Söhne Essen fertigt seit 1918 Bestattungswäsche und beliefert damit den Fachhandel nicht nur in Deutschland sondern auch in der Schweiz.

Würdevoll muss das letzte Hemd sein – und zu dem Verstorbenen passen. Dafür sorgt die Firma Starke Söhne Essen an der Haedenkampstraße. Bestattungswäsche fertigt sie seit 1918 und ist stets in Familienhand geblieben.

Thomas Starke führt die Firma in der vierten Generation. Foto: WAZ, Walter Buchholz
Thomas Starke führt die Firma in der vierten Generation. Foto: WAZ, Walter Buchholz © WAZ

Weiß sollten Talare für Herren und Kleider für die Damen sowie Decken und Kissen für die letzte Ruhestätte früher oft sein. „Doch der Farbanteil in den letzten Jahren ist gestiegen, liegt bei besserer Wäsche bei 50 Prozent”, erklärt Firmeninhaber Thomas Starke, der den Betrieb in der vierten Generation leitet. Dabei gelten als bunt dezente Farben wie Beige, Braun, Blau. Doch auch schon rote Decken wurden gewünscht. Ausschließlich Bestatter beliefert das Unternehmen. Doch die geben die Vorstellungen ihrer Kunden weiter. „Wir fertigen auf Anfrage.”

Großmutters Entwürfe sind immer noch gefragt

Schon lange im Angebot ist das Modell D713 Teerose. Der zartgelbe Stoff zeigt Teerosen, der Kragen ist aus Spitze, die sich an den Ärmeln wiederholt. „Das Modell hat noch meine Großmutter entworfen.” Überhaupt gehen auch bei Decken die von ihr entworfenen Motive immer noch gut. 60 Jahre hat sie im Betrieb gearbeitet, leitete die Nähstube. „Mein Großvater besuchte die Kunden.” Viele Geschäftsbeziehungen bestehen inzwischen auch schon seit Generationen. „Sie sind 24 Stunden erreichbar. Darauf reagieren wir, sind immer ansprechbar. Wenn uns ein Sonderwunsch erreicht, dann liefern wir auch am Wochenende aus. Notfalls näht meine Frau selbst, wenn etwas nicht vorrätig ist.”

Solche Kleider fertigt das Unternehmen. Foto: WAZ, Walter Buchholz
Solche Kleider fertigt das Unternehmen. Foto: WAZ, Walter Buchholz © WAZ

Regionale Unterschiede stellt Starke, der auch in die Schweiz liefert, schon fest. „In Bayern sind christliche Symbole auf den Decken wie Palmenzweige und Kreuze noch sehr beliebt. Und eingefärbte Spitze, die man hier kaum verwendet. In der Schweiz sind die Decken kleiner.”

Seltene Kurbelstickereien

Kurbelstickarbeiten sind bei Starke Söhne Essen noch zu haben. Der Stoff wird zunächst auf einem Tisch ausgebreitet, dann wird die Schablone aus festem Pergamentpapier, bei der jedes Loch mit der Nadel einzeln gestochen ist, darübergelegt. Asche wird auf dem Pergament verteilt, eingerieben, sie rieselt durch die Löcher, zeichnet so das Motiv vor. An Kurbelnähmaschinen aus dem vorletzten Jahrhundert arbeiten Damen, die teils seit Jahrzehnten im Betrieb sind, mit Kettenstichen und Moosstichen das Motiv aus. Erst dann geht es für die Decke in die Steppabteilung, hier wird Füllmaterial eingenäht. „Anschließend kommt die Rohware eine Etage höher zum Ketteln. Es gibt acht diverse Besatzarten von der Kordel bis zur Rüsche”, so Starke.

Asche wird durch die Löcher auf dem Pergamentpapier gerieben, sie zeichnet so das Muster für die Kurbelstickerei vor. Foto: WAZ, Walter Buchholz
Asche wird durch die Löcher auf dem Pergamentpapier gerieben, sie zeichnet so das Muster für die Kurbelstickerei vor. Foto: WAZ, Walter Buchholz © WAZ

Manche 40 Jahre alte Decke, teils von Hand gesteppt, hat Starke noch in seinen Lagerräumen. Interesse daran zeigte das Bestattungsmuseum Wien. „Aber die bleiben hier bei uns. Das sind Erinnerungen.” 14 Angestellte arbeiten für Starke auf 1600 Quadratmetern Fläche, die meisten in der Näherei. Darauf, dass sie verrotten können, muss er bei der Auswahl der Stoffe achten. Aus Viskose, Baumwolle, Acetat sind die Kleider, die alle eine Länge haben, von denen es aber auch Übergrößen gibt. Details wie Fliegen, Krawatten mit Biesen, Rüschen, Spitzen, Bubikragen können gewünscht werden. 120 Damenkleider und 104 Herrentalare sind im Angebot – alle Änderungswünsche sind möglich. Ganz oben auf dem Regal steht ein Pappkarton mit der Aufschrift „Kinderkleider”. Die „gehen zum Glück nicht mehr so gut. Es sterben nicht mehr so viele Kinder.” Zu schaffen macht dem Unternehmen die Möglichkeit, dass sich Menschen in ihrer eigenen Kleidung bestatten lassen können. „Das spüren wir am Absatz.” Moden ist die Branche nicht so stark unterworfen. „Aber wenn wir einen schönen Stoff finden, versuchen wir immer wieder, etwas Neues anzubieten”, so Starke. Wie die schwarze Decke, auf der rote Rosen mit grünen Blättern zu sehen sind. Damit die letzte Ruhestätte und das letzte Hemd der Individualität des Verblichenen gerecht werden.

DIE FIRMENGESCHICHTE

Die beiden Söhne des Firmengründers waren im Ersten Weltkrieg. Er hoffte auf ihre Rückkehr, nannte das Unternehmen darum nicht Starke und Söhne sondern Starke Söhne. Es saß erst in der City, wurde im Krieg zerstört. Einen Wiederaufbau verhinderte der Bau der B1, die Firma zog um nach Rüttenscheid, wich dann der A52, zog 1970 in die Haedenkampstraße. Zu Spitzenzeiten waren 70 Mitarbeiter beschäftigt. Seit 1981 leitet Thomas Starke die Firma. Sein Vater arbeitete bis zu seinem Tod mit.