Essen. Polizei und Zoll entdecken immer mehr hochprofessionelle Hanfplantagen, in denen Marihuana mit immer höherem Wirkstoffgrad von mehr als 20 Prozent angebaut wird, zuletzt im November in Katernberg.
Beide Behörden bewerten deshalb die „weiche Droge” Marihuana neu. Dieter Stahlke, Leiter des Essener Drogenkommissariates: "das sind keine weichen Drogen mehr."
Leistungsfähige Heizung, Beleuchtung, Belüftung und Bewässerung sowie spezielle Züchtungen haben den Wirkstoffgehalt von Marihuana in den letzten 15 Jahren mehr als verdreifacht. In der Plantage im ehemaligen Olsberg-Gebäude an der Emscherstraße, in der die Drogenfahnder im November rund 70 Kilo Marihuana mit hohem Wirkstoffghalt sicherstellten, hatten die Plantagenbetreiber Profi-Technik der Pflanzenzucht aufgebaut. Mit vier Lastwagen holte das Technische Hilfswerk damals 400 Strahler, 150 Ventilatoren und 18 Großlüfter aus den Hallen. Mit solchem Aufwand lässt sich der Anteil des Wirkstoffs THC auf bis zu 20 Prozent steigern.
Es geht sogar noch stärker. Das Essener Zollfahndungsamt hatte schon im Juni 2007 Alarm geschlagen, als es gemeinsam mit der niederländischen Polizei in der Provinz Limburg eine Indoor-Plantage in einer umgebauten Garage entdeckt hatte. Die Fahnder fanden „genmanipulierte Cannabispflanzen, die einen Wirtkstoffgehalt an THC von bis zu 40 Prozent erreichen können”, sagte Ulrich Schulze, Sprecher des Zollfahndungsamtes. Sein Hannoveraner Kollege Axel Harries warnte schon vor zwei Jahren: Mit dem THC-Gehalt erhöhe sich auch die Gefahr der Abhängigkeit. „Die Bezeichnung ,weiche Droge' verharmlost in diesen Fällen die möglichen dramatischen Folgen.”
Drogenfahnder Stahlke verweist zudem auf eine Nebenfolge. Nach seiner Einschätzung werden bei der illegalen Zucht hemmungslos Pestizide eingesetzt. Das werde gerade in einer Studie untersucht. Die Essener Zollfahnder warnen seit Jahren vor der hohen Pestizidbelastung in Schmuggelzigaretten aus China.
Die illegalen Zwischenhändler wollen den maximalen Profit. Also werden die Drogen gestreckt. Mischen mit Vogelsand etwa macht die harzigen Blüten doppelt so schwer. Das geht ins Geld bei einem Grammpreis im Straßenverkauf von zehn Euro. Auch mit getrocknetem Grünzeug verschneiden die Dealer Marihuana. Stahlke berichtet von „größerer Mengen getrockneten Spinats - es muss ja ein bißchen grün aussehen.” Ein Streckmittel, das in Berlin schon eingesetzt wird, bleibt den Essener Konsumenten bisher erspart: Brennesseln.