Essen. Immer mehr Tiere landen im Heim, weil ihre Besitzer sich die Behandlungen nicht mehr leisten können. Auch sonst bekommt das Albert-Schweitzer-Tierheim in Essen die Wirtschaftskrise zu spüren: Manchmal hungern Tier wie Herrchen und brauchen beide Hilfe.

Hans Jürgen Holler mit Hund Joodie
Hans Jürgen Holler mit Hund Joodie © waz

Die geliebte Katze hat eine schwere Blasenerkrankung. Die Familie hat bereits 200 Euro Tierarztkosten bezahlt. Mehr geht nicht, obgleich weitere Behandlungen nötig wären, denn: Der Mann ist arbeitslos, die Frau steckt in einer Umschulung, zwei Kinder gehören zum Haushalt. Die letzte Hoffnung ist ein verzweifelter Anruf im Albert-Schweitzer-Tierheim Essen mit der Bitte, die Tierarztkosten zu übernehmen.

„Solche Anrufe erreichen uns inzwischen oft. Sechs haben sich allein in einer Woche gemeldet, darunter Hartz-IV-Empfänger, Rentner, die sehr an ihrem Tier hängen, das letzte Hemd für sie geben würden und nun einfach nicht weiter wissen”, sagt Hans-Jürgen Holler, Vorstand der Welge-Steinkühler-Stiftung für das Albert-Schweitzer-Tierheim in Essen. „Die Wirtschaftskrise ist hier deutlich zu spüren.”

Tierheim spürt die Wirtschaftskrise

In Einzelfällen ist das Tierheim schon einmal in Vorlage gegangen oder hat mit Tierärzten Ratenzahlungen vereinbart: „Aber das können wir bei der Menge der Anfragen nicht mehr machen. Das übersteigt unsere Möglichkeiten.” Die Wirtschaftskrise spürt das Tierheim auch am Rückgang der Spendenbereitschaft. „Wir haben natürlich treue Geldgeber. Eine Ex-Essenerin zum Beispiel lebt schon lange in den USA, spendet aber immer noch. Wir haben in 2008 eine halbe Million Euro an Spenden bekommen, das ist ein Rückgang von zehn Prozent. Und so geht es momentan auch weiter.”

Da ist es gut, dass das Tierheim auf festes Geld zählen kann. Das kommt aus der Welge-Steinkühler-Stiftung, die in diesem Monat seit zehn Jahren besteht. „Damals kam Winfried Steinkühler ins Tierheim, der wollte uns 50 000 Mark geben, aber nicht für den sofortigen laufenden Betrieb. Also kamen wir auf die Idee mit der Stiftung.” Hollers Onkel Heinz Welge gab 70 000 Mark dazu – und so startete die Stiftung mit damals 120 000 Mark. Durch Zustiftungen ist das Kapital inzwischen auf über eine Million Euro angewachsen. Mit den Erträgen von etwa 40 000 Euro pro Jahr finanziert das private Tierheim die laufenden Kosten mit. Die Stadt gibt 180 000 Euro dazu. „Das ist etwa ein Drittel der Lohnsummen, um einmal die Größenordnung aufzuzeigen.” Der Rest muss durch Spenden zusammenkommen.

"Die Tiere sind Familienmitglieder"

Darum bleibt für Hilfen für in finanzielle Not geratene Tierbesitzer kein Spielraum. „Wir tun, was wir können. Oft kommen auch Obdachlose. Sie haben selbst Hunger. Wir stecken ihnen etwas zu. Selbstverständlich gibt's auch Futter für die Tiere, was sollen wir machen.”

Auch zur Abgabe von Tieren sei es schon gekommen, weil Besitzer die Kosten für den Vierbeiner nicht mehr stemmen konnten. „Aber das ist zum Glück selten. Die Tiere sind Familienmitglieder – oder schützen Alleinstehende und Ältere vor Vereinsamung. Sie wollen sie auf jeden Fall behalten.” Aber die Anrufe von verzweifelten Haltern werden zunehmen, fürchtet Holler.

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