Essen.
„Wie is?“ „Muss!“ Sagt Mutter Kopleck. „Muss“, sagt aber auch Inge Nagierski, die Frau hinter der populären Bühnenfigur. Denn das Leben hat es mit der Gelsenkirchener Kult-Wirtin und populären Mimin des Essener Theaters Freudenhaus in den letzten Monaten nicht gut gemeint. Die 65-jährige Bismarckerin sitzt nach einer schweren Erkrankung im Rollstuhl.
Eine Katastrophe für die Frau, die mit Leib und Seele und Herzblut auf der Theaterbühne in Steele stand. Ihre ehemaligen Kollegen aber lassen die populäre Ruhrgebiets-Schnauze nicht im Stich: Das Essener Theater und die Kaue Gelsenkirchen organisierten eine Benefizveranstaltung, die am Dienstag, 8. November, um 20 Uhr in der Kaue an der Wilhelminenstraße 174 über die Bühne gehen wird.
Künstlerfreunde wie Herbert Knebel, Sigi Domke, Oliver Fleischer oder Markus Kiefer versprechen einen „Abend für Inge Nagierski und Das Glück von Gelsenkirchen“. Und fehlen wird natürlich auch ihre große schräge Bühnenfamilie nicht, die Koplecks. Mit denen stand Nagierski seit 15 Jahren auf der Bühne.
„Wer Inge Nagierski nicht kennt, der ist selber schuld“, meint Markus Beutner-Schirp, künstlerischer Leiter vom Freudenhaus. Nun, für all die, die die Naturbegabung noch nicht kennen: Inge Nagierski wurde in der Nähe der holländischen Grenze geboren, wuchs aber in Gelsenkirchen auf und fühlt sich als echte Ruhrgebietspflanze. Was man hört: „Ich kann aber auch anders reden!“ Zwei Jahrzehnte lang war die Kult-Kneipe „Kenkenberg“ an der Gildenstraße ihre Bühne, erprobte sie hier ihre flotten Thekensprüche: „Ich hatte schon immer eine große Klappe.“</p><p>Kein Wunder, dass ihr künstlerisches Talent auch am Tresen entdeckt wurde: „Eines Tages riet mir Schauspieler Markus Kiefer, mich für eine Rolle am Theater Freudenhaus zu bewerben. Die würden genau so einen Typen wie mich suchen.“
Gesagt, getan, und einen Glückstreffer gelandet -- für Inge Nagierski und fürs Freudenhaus. Als Agnes Kopleck in dem Revierklassiker „Freunde der italienischen Oper“, der Mutter aller Ruhrgebietskomödien aus der Feder von Sigi Domke, wurde die Mimin zum gefeierten Star der Produktion. Und gilt längst als sehr vitales Stück Revierkultur: energisch, sympathisch und unverwechselbar.
Die Kneipe, die bis heute existiert, gab die Schauspielerin 1998 auf und widmete sich nur noch der Bühne. Das plötzliche Aus macht ihr zu schaffen: „Ich zerbreche nicht daran, aber es fällt mir schon schwer, ich war süchtig nach der Bühne.“ Dabei geben die Theatermacher die Hoffnung nicht auf, dass sie der Gelsenkirchenerin wieder was auf den Leib schreiben.
Heute sagt Leiter Beutner-Schirp erst einmal: „Wer soviel Freude verteilt hat, der darf, wenn ihm das Leben einen seiner weniger gelungenen Streiche spielt, auch auf die Solidarität seiner Freunde vertrauen und mal einen Abend lang den Fuß hochlegen und sich bespaßen lassen.“ Flotte Sprüche gehen der beinamputierten Künstlerin auch heute noch schnell über die Lippen: „Mein neues Bein steht noch in einer Plastiktüte im Kleiderschrank.“ Und lacht ihr bekanntes Lachen.
Lachen soll auch das Publikum beim Benefizabend, wenn die bunte Reviertruppe Kabarett, Musik und Schauspiel serviert.