Essen. Die NRW-Regierung plant die Einführung einer weiteren Schulform. Was heißt das für die Essener Bildungslandschaft? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Worum geht es? SPD, Grüne und CDU in Düsseldorf haben unter dem Schlagwort „schulpolitischer Konsens“ gemeinsame Leitlinien zur künftigen Schulpolitik beschlossen. Die wichtigsten: Hauptschulen haben keine Bestandsgarantie mehr. Als neue Schulform kann stattdessen eine „Sekundarschule“ gebildet werden.
Was ist eine Sekundarschule? Sie umfasst die Klassen 5 bis 10 und muss eine Zusammenführung verschiedener Schulformen sein. Die Lehrpläne orientieren sich an Gesamt- und Realschule. Sie soll mindestens dreizügig sein und im Ganztagsbetrieb laufen. In den Jahrgängen fünf und sechs wird gemeinsam gelernt. Es muss verbindliche Kooperationen zu einer Oberstufe eines Gymnasiums oder einer Gesamtschulen geben, damit Schüler später nahtlos wechseln können.
Ersetzt die Sekundarschule die Haupt- und Realschulen? Im ländlichen Raum: vermutlich ja. In Großstädten wie Essen ist die Lage komplizierter. Die Hauptschule ist ein Auslaufmodell, bleibt aber vorerst bestehen. Alle sechs Essener Hauptschulen, die noch Kinder annehmen, starten im September mit neuen Fünfern ins Schuljahr. Realschulen mit notorisch geringen Schülerzahlen sind sicherlich Kandidaten für eine langfristige Umwandlung in eine Sekundarschule. Konkret betroffen ist aber – noch – kein einziger Standort.
Was sagen Essener Schulen? Leo van Treeck, Sprecher der acht Essener Gesamtschule, sähe im neuen Angebot „keine Konkurrenz, sondern eine Ergänzung“. Besonders gut am Entwurf aus Düsseldorf gefällt ihm das „längere, gemeinsame Lernen“ in den Stufen fünf und sechs. Bernhard Aust, Leiter der Gertrud-Bäumer-Realschule in Altenessen, macht sich „im Moment überhaupt keine Sorgen“: Seine Schulen zählt zu den am stärksten nachgefragten Realschulen in der Stadt. Auch Jürgen Häckert, Leiter der Helene-Lange-Realschule in Steele, sieht „keine Auswirkungen“ auf sein Haus zukommen. Helmut Feldkirchner, Sprecher der Realschulen in Essen, betont: „Die Realschulen verschwinden damit nicht.“ Winfried Ruda, scheidender, stellvertretender Leiter der Hauptschule Schetters Busch (Kray), kritisiert: „Der Kompromiss ist halbherzig.“ Dass die Sekundarschule langfristig die Hauptschule ersetze, liege auf der Hand, auch wenn es offiziell heißt: „Von Landesseite wird keine Schulform abgeschafft.“
Was sagen Essener Schulpolitiker? „Es bestehen durchaus Chancen, dass auch Essen irgendwann in den nächsten Jahren eine Sekundarschule erhält“, prognostiziert Schuldezernent Peter Renzel (CDU). Konkreter könne man sich jetzt noch nicht äußern. Den Landeskonsens beurteilt er „positiv“.
Die Richtlinien geben vor, dass der Bedarf in den Städten durch eine Befragung der Grundschuleltern ermittelt werden kann. Dafür macht sich Janine Laupenmühlen (SPD) stark, die Vorsitzende des Schulausschusses. Der schulpolitische Sprecher der SPD, Manfred Reimer, hält den Landeskonsens für einen guten Anlass, „um die Schulentwicklung in Essen konstruktiv und pragmatisch fortzuentwickeln.“ Dazu wolle Reimer „auch die anderen Fraktionen ansprechen.“
Walter Wandtke, schulpolitischer Sprecher der Grünen, hält vor allem die Schirrmann-Realschule (Stoppenberg) für einen Umwandlungs-Kandidaten. Das nahe Gebäude der jetzt aufgelösten Hauptschule Kapitelwiese könnte dann mitgenutzt werden. „Und die Heinemann-Gesamtschule“, so Wandtke, „wäre ein idealer Kooperationspartner.“