Essen. .

Die aktuellen Umwälzungen in der Energiebanche führen zu erheblichen Risiken für den Haushalt der Stadt Essen. Atom-Riese RWE könnte wegen sinkender Gewinne weniger Gewerbesteuer abführen müssen. Andere Unternehmen könnten dagegen profitieren.

Nirgendwo gibt es mehr Energiekonzerne als in Essen, und das hat nun Folgen: Die Umwälzungen in der Branche nach der Atom-Katastrophe von Fukushima führen wegen der womöglich fallenden RWE-Dividende und geringerer Gewerbesteuer-Einnahmen zu erheblichen Risiken für den Stadt-Etat. Das fürchtet jedenfalls Stadtkämmerer Lars Martin Klieve und davon geht auch CDU-Fraktionschef Thomas Kufen aus. „Wir merken jetzt in aller Deutlichkeit, dass wir die Stadt der Energie sind“, sagt Kufen mit Verweis auf den absehbaren Wandel in den Konzernen.

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Von DerWesten

Beispiel RWE: Ein Viertel des RWE-Stroms stammt aus Atomkraftwerken, die wegen ihrer zum Teil bereits langen Betriebsdauer sehr guten Gewinn abwerfen. Insider der Branche gehen nun davon aus, dass allein das dreimonatige Moratorium eine Gewinn-Minderung von 120 Millionen Euro bedeutet. Die Folgen einer endgültigen Abschaltung wären noch entsprechend dramatischer.

Chancen für Ruhrgas

Die Konsequenz für Essen: Zurzeit rechnet man für den Haushalt der Stadt mit einer Dividende von 3,30 Euro pro RWE-Aktie. Falls es beispielsweise demnächst nur noch 2,30 Euro sein sollten, ergäbe dies ein jährliches Minus von 17 Millionen Euro für die städtische Holding EVV. Kufen blickt vor diesem Hintergrund mit einiger Sorge auf den Haushalt 2012. „Ein Nachlassen bei den Konsolidierungsanstrengungen können wir uns absolut nicht leisten.“

Da Energie an sich eher teurer werden dürfte und der Bedarf gewiss nicht kleiner wird, ergeben sich für Essen allerdings auch Chancen. Branchen-Analysten erwarten, dass die zuletzt schwächelnde Eon-Tochter Ruhrgas bald wieder besser dasteht. „Wenn mehr Gaskraftwerke benötigt werden, ist das gut für Eon-Ruhrgas“, wird Eon-Chef Johannes Teyssen in Medien zitiert. Das könnte sich wiederum positiv beim Essens Kämmerer bemerkbar machen.

In einem deutlich schöneren Licht steht nun auch das Investment der Stadt bei der Steag. Wie bekannt, haben die Stadtwerke Essen gemeinsam mit fünf anderen Stadtwerken im Ruhrgebiet das Essener Unternehmen erworben, das im In- und Ausland auschließlich Steinkohle verstromt. „Vermutlich ist die Steag jetzt mehr wert“, sagt Klieve und liegt damit ziemlich sicher richtig. Der Grund ist einfach: Eine Verkürzung der Laufzeiten deutscher Kernkraftwerke erhöht mit einer gewissen Automatik die Relevanz und auch die Dauerhaftigkeit der Steinkohle-Verstromung. Für Klieve ist nach der Japan-Katastrophe auch weit eher denkbar, dass der von einigen erträumte kapital-intensive Umbau der Steag in Richtung regenerative Energiegewinnung nun bezahlbar ist - „einfach weil der Energiepreis mit Sicherheit hoch geht“.

Und noch etwas könnte demnach jetzt leichter sein: Einen potenten Partner zu finden für den 49-Prozent-Minderheitsanteil der Steag, den das Stadtwerke-Konsortium an einen Privaten weiterverkaufen soll.