Essen..
Hunderte Hausbrauereien hat es einst in Essen gegeben. Geblieben ist die im Girardet-Haus in Rüttenscheid, in der die Bierproduktion in den Schankraum integriert ist. Hinter dem Tresen steht eine Gastronomin aus Leidenschaft.
Am Eingang schlägt dem Besucher eine Duft-Wolke entgegen: Schwer, warm, aromatisch. Hausherr Volkmar Kampl ist in Aktion, in der Rüttenscheider Hausbrauerei braut der Meister Keller- und Weizenbier. Hunderte Brauereien wie diese hat es vor Jahren in Essen gegeben, die Rüttenscheider ist geblieben, seit 1993 im Keller des Girardet-Hauses – „ein Eldorado für Biertrinker“, schwärmt Inhaberin Christine Kampl.
Maischen, läutern, würzen, kühlen, gären, reifen, lagern, abfüllen – das ist der Weg des Gerstensafts in der Hausbrauerei. Sechs bis acht Wochen dauert es, bis das Bier, das Volkmar Kampl gerade braut, trinkbar ist, weiß seine Frau. Unfiltriert bleibt ihr Bier im Gegensatz zum gewöhnlichen „Massenbier“: „Dieses hat noch alle Geschmackstoffe“, sagt Kampl und gibt die Devise vor: „Zurück zum Bier, wie es früher geschmeckt hat. Vom Geschmack her ist es nicht zu vergleichen.“
Fässchen für Selbstzapfer
Das Besondere: Die Bierproduktion ist in den Ausschankraum integriert. Stehtische stehen neben Sudgefäßen und Läuterbottich. Der Gärkeller, in dem Volkmar Kampl dem gebrauten Sud die Hefe hinzugibt, ist durch Scheiben einsehbar. Etwa alle zwei Wochen braut der Braumeister. Rund 600 Hektoliter werden in der Rüttenscheider Hausbrauerei jährlich hergestellt. Auf Anfrage erklären die Kampls bei Führungen, wie der Prozess genau funktioniert: Einführungen in ein „altes Handwerk“, wie Christine Kampl sagt. Für Selbstzapfer füllen die Rüttenscheider auch ab: in handgemachten Holzfässern à 8, 11, 14 und 24 Liter, für den Hausgebrauch oder für den Verzehr in der Hausbrauerei. Zum Mitnehmen gibt es die Spezialitäten auch in der Einliterflasche.
Klar, dass die Speisekarte in der Hausbrauerei einen Schwerpunkt bei Deftigem hat: Mettwurstpfanne und Haxe verstehen sich von selbst, aber auch Schweinemedaillons fehlen nicht.
„Mit Leib und Seele Brauer“
„Mein Mann ist mit Leib und Seele Brauer“, erzählt Christine Kampl. Das Handwerk hat Volkmar Kampl bei König-Pilsener gelernt, später hat er bei Veltins gearbeitet. Der Wunsch aber nach einer eigenen Brauerei bestand von Anfang an – und stieß bei seiner Frau auf fruchtbaren Boden. Die stammt ursprünglich aus Freising. Der bayrische Dialekt klingt noch leicht durch. Christine Kampl ist gelernte Krankenschwester, längst ist sie leidenschaftliche Gastronomin geworden.
Mit Bananenweizen und Kirschkellerbier versucht die Brauerei, Trends aufzugreifen. Wenn die Chefin selbst zum Bier greift, dann muss es aber ein Weizen sein, da schlagen die bayrischen Wurzeln nochmal durch. Ein Weizen ohne Schnickschnack – für Christine Kampl ist das das Wichtigste: „Ehrlich und authentisch“ sollte es sein – und natürlich getreu dem Reinheitsgebot.