Essen. . Für eine Hausgeburt braucht es eine erfahrene Hebamme. Doch die Geburtshelferinnen können nur selten von ihrer Arbeit leben. Niedrige Löhne und hohe Abgaben - dagegen protestierten jetzt viele der insgesamt 120 freiberuflichen Hebammen in Essen.

Noch bis Freitag legen viele der insgesamt 120 freiberuflichen Essener Hebammen ihre Arbeit nieder. Weil sie von der Geburtshilfe allein längst nicht mehr leben können. In einer Demo vor dem Einkaufszentrum Limbecker Platz forderten sie eine bessere Bezahlung.

Das erste, was Franziska von der Welt sah, war ihr eigenes Zuhause. Kein kühler Kreißsaal, nur die Hände einer Hebamme halfen ihr ins Leben. Vor 17 Monaten wurde sie geboren – in den eigenen vier Wänden. „Franzi war eine Hausgeburt“, sagt Mutter Sonja Rader.

So wie Franziska kommen immer weniger Kinder auf die Welt, die Zahl der Hausgeburten sinkt. Was bedeutet, dass Hebammen weniger Geld verdienen. „Hinzu kommt, dass der Beitrag für die Haftpflichtversicherung um 100 Prozent gestiegen ist“, erklären Katja Stöhr und Christina Krappe, die als selbstständige Hebammen im Essener Geburtshaus am Reuenberg arbeiten. Eine freiberuflich tätige Hebamme muss nun 3700 Euro für die Haftpflicht im Jahr bezahlen. „Für diesen Betrag muss ich zehn Kinder auf die Welt holen“, erklärt Sonja Rader. Da sie selbst Mutter von drei Kindern sei, schaffe sie es aber nicht, mehr als drei Geburten im Monat zu begleiten.

Stundenlohn von 7,50 Euro

Für eine Beleggeburt, bei der das Baby mit Begleitung der Geburtshelferin im Krankenhaus zur Welt kommt, bekommt eine Hebamme 385 Euro brutto. Nach Abzug von Steuern und sonstigen Ausgaben bleibe ein Stundenlohn von 7,50 Euro, rechnen Katja Stöhr und Christina Krappe vor. Ein Hungerlohn fernab geregelter Arbeitszeiten.

Vor dem Limbecker Platz schwingen Schwangere mit Rasseln, Kinder pusten in Trillerpfeifen, die Hebammen wollen mit Krach ihre Not zum Ausdruck bringen. Viele Familien sind gekommen, genau wie werdende Eltern, um die Geburtshelferinnen zu unterstützen.

So wie Claudia R., die im siebten Monat schwanger ist und gerne im Geburtshaus entbinden möchte. „Dort betreut mich ein Team von vier Hebammen“, erzählt die 28-Jährige. „Man lernt die Hebammen im Laufe der Schwangerschaft kennen, sie nehmen sich Zeit, gehen auf mich ein – so viel Unterstützung sollte angemessen honoriert werden.“ Denn: „Diese Vor- und Nachbetreuung kann mir kein Krankenhaus bieten.“