Essen. .

Prof. Dr. Thomas Katzorke gilt als Pionioer auf dem Gebiet der künstlichen Befruchtung und gründete das Kinderwunschzentrum in Essen, das erste der Bundesrepublik. In seiner Praxis wurden 70.000 Kinder gezeugt.

Nach dem Studium habe ich 1976 als wissenschaftlicher Assistent am Uniklinikum angefangen. Damals stand Verhütung noch im Vordergrund. Ich habe mich auf das Gebiet Hormone konzentriert und schnell gemerkt, dass diese Fachrichtung auch den Bereich der kinderlosen Ehepaare betrifft. Allerdings gab es damals noch keine vernünftigen Therapien.

Als 1978 das erste Retortenbaby geboren wurde, hielt ich das für eine Einzelleistung, dass daraus ein eigener medizinischer Zweig wächst, habe ich nicht für möglich gehalten. Drei Jahre später haben wir dann hier in Essen das Kinderwunschzentrum gegründet, das erste in der Bundesrepublik.

Wir konnten uns damals kaum auf wissenschaftliche Erkenntnisse stützen, sondern haben als Autodidakten begonnen, haben geforscht und sind sogar in die USA gereist, um uns weiter zu bilden. Seither sind in unserer Praxis rund 70 000 Kinder gezeugt worden. Ethische Bedenken an unserer Arbeit kann ich nicht nachvollziehen. Wir vernichten schließlich kein Leben. Wann allerdings Leben anfängt, dazu gibt es verschiedene Auffassungen.

„Meiner Meinung nach müsste man das Gesetz stark lockern“

Dass die Katholische Kirche sich in dieser Debatte zum Moralapostel aufschwingt, ist schwierig. Sie spricht ja nicht mal mehr für die Mehrheit der Menschen, ist aber in allen für die Präimplantationsdiagnostik zuständigen Gremien überproportional vertreten und macht sich dort gegen eine Lockerung des Embryonenschutzgesetzes stark.

Meiner Meinung nach müsste man das Gesetz stark lockern, denn in der Forschung hat man uns im internationalen Vergleich mittlerweile praktisch abgehängt. Man sollte Ärzten und Eltern schon zutrauen, dass sie mit dem Thema verantwortungsbewusst umgehen. Bei der damaligen Gesetzgebung lautete das Argument, dass Eizellen schwieriger zu gewinnen sind, dieses Argument ist hinfällig, denn heute ist das kein großer Eingriff mehr. Also spricht nichts dagegen, für Eizellen die gleichen Vorschriften wie für männliche Samenzellen anzuwenden. Doch die Eizellspende ist in Deutschland noch verboten, während die Samenspende erlaubt ist.

Insgesamt überrascht es mich, dass das Thema Präimplantationsdiagnostik so in den Fokus geraten ist, denn das macht ja nur einen sehr kleinen Teil unserer Arbeit aus. Deutschlandweit gibt es vielleicht 200 Fälle pro Jahr. Auch hierzu hat die Kirche eine ablehnende Haltung, der man anmerkt, dass die entsprechenden Stellen noch nie Eltern gegenüber gesessen haben, die aufgrund einer schweren Erkrankung ein oder zwei Kinder verloren haben und nun die Gewissheit wollen, dass sie nicht noch ein Kind bekommen, dass mit der gleichen Erkrankung geboren wird.

Doch die Gesetzgebung in Deutschland verbietet in diesen Fällen die Selektion. Ausnahmegenehmigungen gibt es nur, sofern die Ethikkommission dem zustimmt. Man sollte allerdings kein generelles Screening von Embryonen ermöglichen, denn dann würden die Befürchtungen über eugenische Selektion und Designerbabys wahr. Die Zulassung der PID ist jedoch ein Gebot der humanitären Vernunft.