Essen.. Bei Großeinsätzen sind sie die Planer im Hintergrund: Der “Ständige Stab“ der Polizei Essen hilft, wenn es wirklich brenzlig wird - bei Geiselnahmen, Großdemonstrationen und Amokläufen. Die Männer müssen stetig in Bereitschaft sein.

Die Bezeichnung „Ständiger Stab“ ist irreführend. Polizeidirektor Dirk Harder und seine zehn Mitarbeiter sitzen nämlich keineswegs ständig zusammen im großen Lageraum neben der Einsatzleitstelle im Polizeipräsidium, sondern nur bei etwa einem Dutzend Großeinsätzen der Polizei im Jahr. In der Zwischenzeit bereiten die Mitarbeiter eigene und Einsätze anderer Behörden vor oder schauen nachher: Was lief schief? Was geht besser? Und was brauchen wir dafür, dass es nächstes Mal besser läuft?

„Wir haben kein Tagesgeschäft. Aber eigentlich haben wir immer gut zu tun“, sagt Harder über seinen Job und seine Truppe. Ins Leben gerufen wurde sie nach dem Gladbecker Geiseldrama 1988 mit drei Toten (siehe unten). In der öffentlichen Diskussion nach diesem traumatischen Ereignis kamen die Medien stark unter Beschuss, aber auch die Polizei. Kommunikationspannen, versäumte Chancen zum Zugriff und fehlende Dokumentation ließen einige Polizeiführer schlecht aussehen.

"Lupus" hilft bei Entscheidungen

Dafür, dass Entscheidungen vom Polizeiführer bestmöglich vorbereitet und später exakt nachvollzogen werden können, sorgt die Datenbank „Lupus“ (steht für: „Lage- und Planungs-Unterstützungs-System“). Die Datenbank wird mit Informationen gefüttert und dokumentiert dabei, wer sie wann eingegeben und abgerufen hat. Harder: „Man kann nichts im Nachhinein verändern, ohne dass es protokolliert wird.“

Harder und sein Team sind also Zuarbeiter vor, während und nach Großeinsätzen. „Wir führen nicht, das macht der Polizeiführer." Bei großen Demonstrationen in der Innenstadt ist das meistens Polizeidirektor Friedrich Koch, Chef der Inspektion Mitte, bei anderen Großeinsätzen der Leitende Polizeidirektor Fritz Unterberg.

„Mit dem Eintritt in den ständigen Stab bekommen wir ein Handy ans Bein gebunden und sind verpflichtet, es nie mehr auszuschalten“, sagt Harder über die Bereitschaft seines Teams. „Innerhalb von einer Stunde sind wir arbeitsbereit“, wenn Großalarm ausgerufen wird. Dann werden die Mitarbeiter des ständigen Stabes „zur Keimzelle des Führungsstabes mit 20 bis 30 Beamten“, sagt der Polizeidirektor.

Experten für Großkundgebungen

Das passiert bei Geiselnahmen, Anschlägen, Amoklagen, Unglücken oder komplexen Demonstrationslagen in Essen oder den Nachbarstädten, bei denen das Präsidium als Großbehörde bei großen Einsätzen die Einsätze leitet. Aber der ständige Stab kann auch gezielt angefordert werden. „Man nimmt uns gerne für Demonstrations-Einsätze mit ,Pro NRW“, sagt Harder mit zurückhaltendem Lächeln. Seit dem Großeinsatz um den Landesparteitag 2009 in Gelsenkirchen gelten die Essener als Experten für komplexe Kundgebungs-Lagen.

Die Schicht im Einsatz-Stab dauert auf dem Papier zwölf Stunden, kann mit der Übergabe einer komplizierten Lage aber auch leicht 14 Stunden dauern. „Zwei Schichten versuchen wir mit unseren eigenen Leuten selbst hin zu bekommen“, sagt Harder. Dauert die Krise länger, helfen die ständigen Stäbe aus anderen großen Polizeibehörden aus. In Essen treten dann in der Regel Mitglieder des ständigen Stabes der Düsseldorfer Polizei an, umgekehrt helfen die Essener in Düsseldorf aus.