Essen. Egon Madsen wird heute im Essener Aalto-Theater mit dem Deutschen Tanzpreis 2011 ausgezeichnet. Den Tanzpreis „Zukunft“ erhalten Eric Gauthier und Daniel Camargo.
Die Verleihung des Deutschen Tanzpreises ist das Ereignis, bei dem sich einmal im Jahr die Ballett- und Tanzwelt in Essen ein Stelldichein gibt. Seit 1983 vergeben der Verein zur Förderung der Tanzkunst in Deutschland und der Deutsche Berufsverband für Tanzpädagogik diese Auszeichnung, deren erste Trägerinnen die großen Damen Tatjana Gsovsky und Gret Palucca noch im hohen Alter waren.
Standen im vergangenen Jahr zwei Tanz-Theoretikerinnen im Mittelpunkt, so gehen die Preise - es sind insgesamt drei - an Männer, die man als Praktiker des Tanzes bezeichnen möchte. Dabei ist Egon Madsen allein schon ein Phänomen für sich. Der 68-Jährige steht bis heute auf der Bühne. Wieder, muss man sagen, denn nach Stationen als Ballettmeister und -direktor in Stockholm, Florenz, beim Stuttgarter und Leipziger Ballett, kehrte er erst 1999 wieder zurück auf die Bretter, damals unter Jiri Kylian beim renommierten Nederlands Dans Theater III.
Dass der gebürtige Däne dabei natürlich heute nicht die technischen Kapriolen von einst schlägt, als der legendäre John Cranko ihn mit 20 als Solist ans Stuttgarter Ballett holte: Wen wunderts? Wer ihn aber selbst nur in Ausschnitten der neueren Arbeiten, wie der Hommage „M.M.“ an den berühmten Pantomimen Marcel Marceau oder der ebenfalls vom diesjährigen Tanzpreisträger „Zukunft“ Eric Gauthier geschaffenen Quichotte-Version „Don Q.“ sah, merkt schnell: Mit Madsen steht auch ein hintergründiger Schauspieler auf der Bühne. Einer, der bereits früh humorvolle, ja kauzige Rollen tanzte - und bei dieser Gratwanderung nie in die Niederungen bloßen Klamauks abstürzte.
Humor und Tragik
Mit 20 tanzte er den Gremio, einen komischen Alten, in Crankos „Widerspenstigen Zähmung“. „Da ging es los, ich bekam eben nicht nur die romantischen Prinzen, sondern bereits Rollen, die neben Humor immer auch eine Portion Tragik hatten“, erinnert sich Egon Madsen. Schlüsselrollen? Nein. Eigentlich habe jede neue Rolle bei ihm etwas aufgeschlossen, jeder Part in den bis heute etwa 40 Choreografien - allein 13 von Cranko - sei für ihn wichtig gewesen.
Mit „Zukunft“-Preisträger Eric Gauthier verbindet Madsen eine jahrelange künstlerische Partnerschaft. Zwar steht er immer wieder bei Gauthier Dance, der Kompanie am Theaterhaus Stuttgart, mit Erfolg auf der Bühne. Seine Aufgabe sieht er aber überwiegend als Coach, Berater und Partner, der jungen Kompanie - wenn er nicht gerade mit seiner Frau auf seinem Anwesen in der Nähe des hübschen italienischen Städtchens Urbino Oliven erntet.
Als Madsen von der Jury-Entscheidung erfuhr, habe er zu seiner Frau gesagt: „Ich krieg den Tanzpreis, damit ich endlich aufhören soll.“ Aber davon soll wenigstens vorläufig noch keine Rede sein. Auch heute Abend steht steht der Energiegeladene mit der immer noch lockigen Mähne und den intensiv dreinblickenden blauen Augen auf der Bühne. Mit Eric Gauthier in dessen Choreografie „Don Q.“. Uli Roehm, der den Tanzpreis organisiert, hätte gerne den Marceau gehabt. „Aber der Quichotte ist etwas mehr, so wie ich bin“, sagt Egon Madsen. Und er setzte sich durch.