Essen-Werden. Durch 800 zusätzliche Fahrzeugbewegungen würde sich der Feinstaubgehalt der Werdener Luft weiter erhöhen. Gesundheitsexpertin Sabine Hertel vom Essener Universitätsklinikum konnte zwar diesbezüglich keine konkreten Zahlen nennen.
Und sie brachte – zum Unmut der Versammelten – auch keinerlei Berechnungen zum Runden Tisch Grüne Harfe in den Domstuben mit, wie stark sich die Feinstaub- und sonstige Belastung der Luft durch Schadstoffe in Folge der besagten Verkehrszunahme durch eine Bebauung des Grüngürtels mit 140 Wohneinheiten erhöhen würde.
Feinstaub kommt noch
aus anderen Quellen
Doch bei einer Überschreitung der zulässigen Feinstaub-Grenzwerte um 20 Prozent, wie an der Brückstraße unterstellt, sei mit einer Verdoppelung des Risikos für Herz- und Kreislaufkrankheiten zu rechnen. „In besonderer Weise gefährdet sind Personen, bei denen bereits eine derartige Erkrankung vorliegt“, sagte die Statistikerin.
Die Vertreter der Bürgerinitative zum Schutz der Grünflächen im Essener Süden stellten die provokante Frage, warum die Stadt Essen trotz jahrelangen Wissens um die zu hohe Schadstoffbelastung im Werdener Ortskern bis heute „keinerlei Maßnahmen ergriffen“ habe. „Wie viele Todesfälle werden jetzt schon dadurch ausgelöst?“, wollte BI-Sprecher Ludger Hicking wissen.
Johannes P. Bergmann, Leiter der Sparte Grundstücksentwicklung bei Thyssen-Krupp, verwies auf weitere Emissionsquellen für Feinstaub, wie etwa den Hausbrand und offene Kamine, die immer mehr im Trend stehen. So stammen laut einem von Hertel über die Stadt Duisburg vorgelegten Gutachten nur rund 30 Prozent der Feinstaubbelastung in der Luft aus dem Kraftfahrzeugverkehr.
Michael Happe, Moderator des Runden Tisches Grüne Harfe, sprach sich dafür aus, bei Verkehr und Luftschadstoffen „anzupacken, denn dies sind die beiden Stellschrauben, um die Verhältnisse in Werden zu verbessern“.
Wesentlich deutlichere Worte als seine Vorrednerin Sabine Hertel fand Dr. Wolfgang Beckröge. Der Fachmann vom Regionalverband Ruhrgebiet beleuchtete die verschiedenen Auswirkung einer Wohnbebauung im Bereich Grüne Harfe auf das Klima.
Sein Fazit an diesem Abend: Bei einer Bodenversiegelung von bis zu 30 Prozent durch eine „maßvolle Bebauung“ von bis zu zwölf Meter Bauhöhe maximal sei keinerlei Verschlechterung des vorhandenen, „sehr passablen Stadtrandklimas“ zu erwarten.
Ganz allgemein beurteilte Wolfgang Beckröge das Werdener Klima als gut, denn lediglich der Großraum rings um die vielbefahrene Brückstraße, der in einer der vorgelegten synthetischen Klimafunktionskarten wie ein schräg liegender roter Daumenabdruck eingezeichnet war, weise das übliche, stärker belastete Stadtklima auf. „Aber das ist noch lange kein Großstadtklima“, sagte Beckröge
Belüftet werde der Ortskern über die Ruhrauen samt Brehm. „Das Areal Grüne Harfe kann für die Innenstadtbelüftung nicht viel liefern, insbesondere keine Entlastung für die neuralgischen Punkte.“
Nur 18 Prozent blieben
für die Bebauung
So bringe es für das Werdener Zentrum „keinen spürbaren Nachteil, wenn auf der Grünen Harfe eine Wohnbebauung entsteht.“
Michael Happe, der darauf verwies, dass bei einer Bebauung rund 12 Prozent der Fläche auf Zufahrtswege und Straßen entfielen und somit 18 Prozent für eine Wohnbebauung übrig blieben, holte sich mit seiner Forderung nach einer detaillierteren Geschossflächenzahl eine Abfuhr von Stadtdirektor Hans-Jürgen Best. In der „konkreten Überbauung“, sagte Best, sei alles viel komplizierter, als dass man es in diesem Kreise näher erörtern könne. Doch Happe ließ sich nicht beirren: „1,5 Hektar für die Bebauung erscheint mir sehr gering.“ Dazu Thyssen-Krupp-Vertreter Bergmann: „Uns würde das reichen.“
Auf neue wassertechnische Erkenntnisse im Bereich Grüne Harfe wies Michael Happe dann noch im Anschluss hin. In der vorhandenen Sandsteinschicht unter dem Lößboden sammele sich Grundwasser für zwei Quellen.
Da wäre zum einen der Klemensborn und außerdem ein kleines Fließgewässer, das ins Küppersbüschchen ströme und dabei einen Höhenunterschied von 30 Metern überbrücken müsse.
Diese beiden Gewässer wurden bei der Bodenanalyse, die in der Januarsitzung des Runden Tisches Grüne Harfe von Landschaftsplaner Andreas Bolle vorgestellt wurde, nicht erwähnt. Dabei bilde das Areal Grüne Harfe ihr Grundwasserreservoir.