Mit dramatischen Worten hat der Bund der Steuerzahler an die Politiker der Stadt Essen appelliert, das Ruder in der Finanzpolitik endlich herumzureißen.
Angesichts der unverminderten Aufnahme neuer Schulden wird Essen nach der Analyse des Verbandes sonst bereits in fünf Jahren ihr gesamtes Rest-Eigenkapital aufgebraucht haben.
„In der Bilanz finden wir bald nur noch Verbindlichkeiten. Die Stadt gehört dann den Banken”, beschreibt Eberhard Kanski, kommunaler Finanzexperte des Steuerzahlerbundes, das düstere, aber realistische Zukunftsszenario.
In seiner Analyse stellt der studierte Volkswirt den amtierenden Stadtspitzen ein verheerendes Zeugnis aus. „Essen lebt weit über die eigenen Verhältnisse. Die aktuelle Schieflage der Stadtfinanzen wird noch weiter zunehmen, wenn jetzt nicht gegengesteuert wird. Im aktuellen Etat und dem erarbeiteten Sparpaket sind aber ein Schuldenabbau nicht erkennbar”, bilanziert Kanski in einem für das „Essener Bürger Bündnis” ausgearbeiteten Vortrag.
Nach seinen Daten macht Essen im laufenden Geschäftsjahr 92 Millionen Euro Miese. Hinzu komme ein Zinsverlust für die zu zahlenden Schulden in Höhe von mittlerweile 3,1 Milliarden Euro von 133 Millionen Euro. Dieses Defizit werde seit Jahren einfallslos immer auf die gleiche Weise ausgeglichen „Jedes Jahr sieht der Etat Verluste vor, jedes Jahr gibt es den Griff in die Rücklage, jedes Jahr wird diese kleiner”, kritisiert Kanski.
Jede Sekunde mache Essen rechnerisch rund 5 Euro neue Schulden, 300 Euro pro Minute, 430 000 Euro pro Tag. Jeder Essener müsse 5500 Euro Schulden tragen - trotz sprudelnder Gewerbesteuereinnahmen der vergangenen Jahre. „Eine Trendwende zum Besseren ist nicht erfolgt.”
Dabei ist ein schuldenfreies Essen nach Ansicht des Steuerzahlerbundes keine Utopie. Das Rezept:
Privatisieren: Wenn die Stadt ihre 18,6 Millionen RWE-Aktien verkaufen würde, würde sie beim derzeitigen Börsenkurs von 56 Euro gut 1,1 Milliarden einnehmen. Sämtliche städtischen Unternehmen müssten auf den Prüfstand: Messe, Evag, Allbau.
Subventionen streichen: „Die Essener Steuerzahler bezuschussen mit 115 Millionen Euro kommunale Dienstleistungen, unabhängig davon, ob sie Kultur- und Sporteinrichtugnen überhaupt nutzen.” Kanski zählt auf: 43 Millionen Euro für Theater und Philharmonie, 23 Millionen für Grün und Gruga, 21 Millionen für die Sport- und Bäderbetriebe, 16 Millionen für die Versorgungs- und Verkehrsbetriebe.
Mehr Zusammenarbeit: Essen muss nach Kanski mehr mit anderen Nachbarstädten zusammenarbeiten und so Ersparnisse ermöglichen, etwa durch gemeinsamen Einkauf.
Angesichts der schrumpfenden Bevölkerung einen Abbau des kommunalen Personals.
Die Befreiung der Schulden bringt nach Ansicht des Steuerzahlerbundes große Vorteile: So würden die Zinskosten von 145 Millionen Euro, immerhin ein Drittel der Gewerbesteuereinnahme, wegfallen.