Wie die Bauaufsicht durchsetzen will, dass die Müllschlucker in einem Kettwiger Hochhaus geschlossen werden.

Igitt! Wer steckt schon gerne seine Nase in anderer Leute Abfälle? Die Stadt Essen hat für so etwas Mülldetektive. Sie denken, das sei ein Scherz? Mitnichten.

Im Oktober vergangenen Jahres wurden die Müll-Schnüffler in einem Hochhauskomplex an der Neckarstraße in Kettwig vorstellig. Wenige Wochen später flatterte der Hausverwaltung ein unfreundliches Schreiben der Bauaufsicht ins Haus. Bei der „Ortskontrolle“ sei festgestellt worden, dass in den Restmüllcontainern jede Menge Abfall gefunden worden, der dort nicht hineingehört, heißt es sinngemäß im Brief der Behörde. Angesichts der „erheblich unsachgemäßen entsorgten Abfallmenge“ könne nicht davon ausgegangen werden, dass es sich lediglich um „Fehlwürfe“ handele, kombinieren die Ermittler und verlangen unter Androhung einer Ordnungsverfügung, die Hausverwaltung möge für saubere Verhältnisse sorgen. Das stinkt zum Himmel, findet die Eigentümergemeinschaft.

Sie mögen sich darüber wundern: Ist die Bauaufsicht neuerdings etwa für die Überwachung der Mülltrennung zuständig? Besagte Ortskontrolle hat eine Vorgeschichte.

Müllschächte wurden zugemauert

Der Hochhauskomplex an der Neckarstraße wurde Mitte der 70er Jahre errichtet und für die Müllentsorgung mit insgesamt zwölf Müllschluckern ausgestattet, wie sie die Bauordnung damals ausdrücklich vorschrieb. Anfang der 90er Jahre stopfte die damals rot-grüne Landesregierung Müllschluckern den Schlund, und zwar auch jenen, die vor Erlass der Vorschrift in Hochhäuser eingebaut worden waren. Vorhandene Abfallschächte seien außer Betrieb zu nehmen. Nicht zuletzt aus hygienischen Gründen, wie die Baubehörde betont. Außerdem sollten die Bürger ihren Müll ja trennen. Ob es hygienischer ist, den getrennten Müll durchs Treppenhaus zu tragen, sei einmal dahingestellt.

Während nach Angaben der des Bauordnungsamtes stadtweit die Müllschächte in rund 50 Mehrfamilienhäusern „brav zugemauert“ wurden, zog die Kettwiger Eigentümergemeinschaft vor Gericht. Die Bewohner fühlten sich in ihrem Eigentumsrecht verletzt und forderten Bestandsschutz für ihre Müllschlucker, waren die doch da, bevor sich die Landesregierung ihre Gedanken zu Hygiene und Mülltrennung machte.

Verfassungsrechtliche Bedenken

Im Prozess vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen ließ die zuständige 5. Kammer erkennen, dass sie der Argumentation der Hausbewohner durchaus etwas abgewinnen könne. Tatsächlich dürften gegen besagte Regelung der Landesbaurechts „verfassungsrechtliche Bedenken“ bestehen. Auf Vorschlag des Gerichts verständigten sich die Streitparteien jedoch auf einen Vergleich: Die Müllschächte bleiben geöffnet, die Hausgemeinschaft muss jedoch mit einem Konzept darlegen, wie sie die Trennung und ordnungsgemäße Entsorgung der Abfälle sicherstellt (AZ.: 5 K 4084/08).

Die Bauaufsicht wollte sich davon persönlich überzeugen, deshalb schickte sie im Oktober ihre Mülldetektive zur Neckarstraße. Die kamen zu dem Schluss, dass Tonnen für Altpapier, Verpackungs- und Biomüll, welche die Hausgemeinschaft hatte aufstellen lassen, „nicht wie gewünscht“ genutzt werden. Die an den Müllschächten angebrachten Hinweisschilder „Hier nur Restmüll einwerfen“ könnten das Entsorgungsverhalten vieler Bewohner „anscheinend nicht nachhaltig ändern“.

Die Müllschlucker seien dauerhaft zu verschließen. Die Bauaufsicht scheint fest entschlossen, dies durchzusetzen. Alles deutet auf einen weiteren Rechtsstreit hin. Ob die Stadt diesmal mehr Erfolg hätte, bleibt zweifelhaft, denn die Abfallsatzung „über die Vermeidung, Verwertung und Beseitigung von Abfällen“ schreibt eine strikte Mülltrennung gar nicht vor. „Abfälle zur Verwertung“ seien zwar „getrennt zu halten“, heißt es. Doch weder für die braune noch für die gelbe Tonne gilt der „Anschluss und Benutzungszwang“. Soll heißen: Wer zum Beispiel Bioabfall oder Verpackungen getrennt sammelt, tut dies freiwillig.

Sieht so aus, als müssten die Mülldetektive ihre Nasen an der Neckarstraße noch etwas tiefer hineinstecken in den Abfall anderer Leute.