Essen-Werden. .
Viel Unsicherheit lösten Spekulationen über Wohnungsbau und Nachfrage an Wohnraum in Werden aus. Beim Runden Tisch zur Grünen Harfe in den Werdener Domstuben gab es zunächst konkrete Zahlen von Stadtplaner Thomas Franke zu erfahren. So entstehen derzeit 50 Wohnungen an der Leanderbank, 17 an Honnschaften- und Friedrich-Küpper-Weg, weitere fünf an der Honnschaftenstraße und vier an der Heidhauser Straße.
Außerdem sind 14 Wohneinheiten am Iländer Weg projektiert, 45 an der Jacobsallee, und der Bau von insgesamt 29 Wohneinheiten im Bereich Franzenshöhe/Tiergarten hat bereits begonnen.
Auch die nähere Umgebung wurde von Franke in die Statistik aufgenommen. Ob aber angesichts von rund 200 Wohnungen, die die Stadt Velbert in ihren Plangebieten ausweist, plus 180 Wohnungen, die in Bälde an der Kettwiger Ringstraße entstehen sollen, sowie 80 projektierten Wohnungen in Kupferdreh im Bereich Prinz Friedrich noch Bedarf für mehr Wohnraum in Werden und Heidhausen besteht – darüber schieden sich auf dieser Tagung der Rats- und Bezirksvertreter die Geister.
Die Nachfrage im Essener Süden ist hoch
Christoph Fleischer von der Bürgerinitiative zum Erhalt der Grünflächen im Essener Süden kam demnach rein rechnerisch auf „rund 600 Wohnungen in Bau oder Planung in den Bezirken VIII und IX“. Allein in Werden seien – die Grüne Harfe nicht mitgerechnet – 470 bis 480 neue Wohnungen für die kommenden Jahre zu verzeichnen.
Dem gegenüber legte Martin Schauerte, früherer städtischer Beschäftigter und heute Mitarbeiter der Wohnbaugesellschaft Evonik, Ergebnisse seiner vor drei Jahren erstellten Studie über Wohnungsnachfrage vor. Aktuell stehen 17 000 Wohnungen in Essen leer, etwa 0,3 Prozent des Wohnungsbestands verschwinden pro Jahr durch Abriss oder Umwidmung in gewerbliche Nutzung. Trotz des fortschreitenden Bevölkerungsrückgangs ging Schauerte von einem Rückgang des freien Wohnraums auf 13 000 innerhalb des nächsten Jahrzehnts aus. „Die Nachfrage im Stadtgebiet ist extrem hoch, vor allem im Essener Süden“. In ganz Essen gebe es konkret einen Bedarf an 2700 Einfamilienhäusern, 2050 Eigentums- und 7600 Mietwohnungen. Wenn sämtliche laut Flächennutzungsplan für die Bebauung ausgewiesenen Areale tatsächlich bebaut würden, fehlten immer noch 730 Wohneinheiten. „Der Bedarf ist in den Stadtbezirken IV, VIII und IX sehr hoch, am höchsten aber im Bezirk IX“, erläuterte der Experte. Speziell in Werden werde sich die Mangelsituation nicht aufheben lassen, denn es handele sich um einen „sehr begehrten, attraktiven Wohnstandort“. Auf die Frage der Bürgerinitiative, weshalb etwa von den seit vier Jahren angebotenen 42 Wohneinheiten auf dem Döllken-Gelände bislang erst 17 verkauft sind, antwortete Schauerte: „Das hängt auch vom Preis ab.“
Schwierig wurde es nun mit der Abwägung, ob die Nachfrage durch das Angebot gedeckt wird. BI-Sprecher Christoph Fleischer rechnete vor, bei einem Bedarf von rund 600 gegenüber 550 im Bezirk geplanten Wohnungen sei man „gar nicht so weit von dem entfernt, was wir benötigen – und zwar ohne Einbeziehung der Grünen Harfe“. SPD-Bezirksvertreter Daniel Behmenburg gab darüber hinaus zu bedenken, dass auch das in den Berechnungen nicht enthaltene ehemalige Markmann&Moll-Gelände in Kettwig bald zur Bebauung anstehe. Unübersichtlich wurde es dann allerdings, als die Stadtplaner auf Nachfrage einräumen mussten, die Zahl der „vernichteten Wohneinheiten“ bei Neubau werde von ihnen nicht erfasst.
Keine Klärung
Heribert Rüsing, Alt-Grüner im Bezirk IX, kommentierte aus den Reihen der Zuschauer: „Es gibt demnach beim Planungsamt Prognosen ohne verlässliche Daten.“
Auf dem Gelände Grüne Harfe könnten immerhin 140 neue Wohnungen entstehen. Ob sie auf dem Markt tatsächlich benötigt werden, ließ sich trotz des umfangreichen Zahlenwerks nicht abschließend klären.