Essen..

Essen soll ab 1. Januar 2012 eine Umweltzone werden. Dann gilt ein Verbot für Pkw und Lkw ohne oder mit roter Plakette. Ebenfalls thematisiert werden schärfere Grenzwerte für 21.000 Holzheizungen, Kaminöfen und andere Kleinfeuerungsanlagen.

Für rund 7200 Pkw und 3500 Lkw, Busse oder Lieferwagen (Stand 1.1.2010) soll das Essener Stadtgebiet ab dem 1. Januar 2012 zur Sperrzone werden. Die Stadtspitze hat sich darauf geeinigt, für Fahrzeuge ohne oder mit roter Plakette zum genannten Stichtag ein Verkehrsverbot auszusprechen. Zum 1. Januar 2013 dann soll das Verbot auch für die rund 21.700 Fahrzeuge (Stand 1.1.2010) mit gelber Plakette gelten. Ebenso will die Stadt das Land darauf drängen, zum 1. Januar 2012 das gesamte Stadtgebiet zur Umweltzone zu erklären. Die Polizei soll anders als bisher die Einhaltung der Regelung durch regelmäßige Kontrollen gewährleisten, einen entsprechenden Erlass habe der NRW-Innenminster bereits angekündigt, erklärte der Leiter des Essener Umweltamtes, Hartwig Steinbrink, gegenüber der NRZ. Und er betonte zu dem Maßnahmenpaket: „Wir müssen handeln.“

Denn: Brüssel macht Druck. Dicke Luft schätzen sie bei der EU gar nicht, sehen die Gesundheit der Bürger nur unzureichend geschützt. Deshalb hat die Kommission deutschen Städten in „Blauen Briefen“ mit einem Vertragsverletzungsverfahren gedroht, weil sie es nicht geschafft haben, die Feinstaub-Grenzwerte einzuhalten. München hat einen bekommen, Stuttgart, aber auch Hagen.

Alle Grenzwerte gerissen

Essen nicht, weil es erstmals die Feinstaub-Grenzwerte eingehalten hat. Also durchatmen? Leider nicht: Beim Stickstoffdioxid, in seiner toxischen Wirkung keinen Deut ungefährlicher als der Feinstaub und mit ähnlich hohen Sterblichkeitsraten versehen, kündigt sich Ärger an: „Wir haben es an keiner Messstelle geschafft, den Grenzwerte einzuhalten“, so Hartwig Steinbrink. Im Gegenteil, die Werte liegen deutlich höher, mit Überschreitungen von 40 Prozent. Gegensteuern ist angesagt, die Bezirksregierung Düsseldorf will bis zum 15. Januar Vorschläge der Kommunen auf dem Tisch haben, bereits am 1. Juni 2011 soll der neue Luftreinhalteplan Ruhrgebiet in Kraft treten.

Umweltzone, Verkehrsverbot, Kontrollen, eine stärkere Werbung für Erdgas-Fahrzeuge, den Luftverunreinigungen entgegen zu wirken oder sie abzubauen bei der Flächenutzungsplanung lauten die ersten Vorschläge. „Das wird nicht reichen“, sagte Steinbrink. Die Stadt Essen fordert deshalb auf allen Autobahnen im Stadtgebiet Tempo 100.

Ebenfalls thematisieren will Essen schärfere Grenzwerte für die rund 21.000 Holzheizungen, Kaminöfen und andere Kleinfeuerungsanlagen zwischen Kettwig und Karnap. Die Übergangszeit bis 2025 hält Steinbrink für zu lange: Aachen und München haben per Ortssatzung hier zügiger Fakten geschaffen, „ich halte es für besser, zu einer landesweiten Lösung zu kommen“, meinte der Leiter des Essener Umweltamtes. Aber natürlich könnte es auch in Essen per Satzung festgelegt werden, das muss die Politik entscheiden.“ Ebenso schlägt die Stadt der Bezirksregierung einen Ausbau des Fahrradverleihsystems „Metrorad“ vor, die Energie in den Immobilien des Konzerns Stadt soll effizienter genutzt, und vor allem ein Mobilitäts-Konzept für Essen aufgestellt werden: „Wir müssen die Fahrleistung verringern.“

„Mobilität Werk Stadt“

In diese Richtung zielt auch die „Mobilität Werk Stadt“, zu der die Umwelt-Vereine, Verbände, die evangelische Kirche und viele andere am kommenden Samstag ins Burggymnasium geladen haben. Gemeinsam mit Experten will man ein Mobilitätskonzept für das Ruhrgebiet entwickeln (die NRZ berichtete).

Für Hartwig Steinbrink der richtige Weg: „Wir müssen und werden die Bürger einbeziehen.“ Alle neuen Regelungen werde die Stadt begleiten, bewerben, diskutieren, mit allen Gruppen in der Stadt: „Es geht nur gemeinsam.“ Und natürlich wird letztendlich die Politik, der Rat, entscheiden.

Nicht ohne Grund haben die Essener aber auch bundespolitische Forderungen auf die Agenda gesetzt: „Ganz entscheidend ist die Fahrzeugtechnik“, sagte Hartwig Steinbrink. „Wir brauchen ein Vorziehen der strengeren Euro 6-Norm für alle Fahrzeugarten. 2013 ist zu spät. Das hat ganz wesentlichen Einfluss auf die Stickoxidemissionen.“ Wirtschaftliche Anreize für Filtersysteme, eine immissionsbezogene Kfz-Steuer, mehr Gelder für Busse und Bahnen, „das würde helfen“. Dieser Teil des Papiers zielt vor allem auf eine mögliche Geldbuße ab, sollte Brüssel sie als Ergebnis der Vertragsverletzung festlegen: Da wird sich die Frage stellen, wer zu zahlen hat, wer seine Hausaufgaben nicht gemacht hat. Wozu sonst sind Blaue Briefe da.