Kettwig.
Es ist noch nicht allzu lange her, da stand es nicht gut um den Alten Bahnhof Kettwig. Von einem Bürgerzentrum konnte keine Rede sein, finanziell war er arg angeschlagen, viele Veranstaltungen waren nur mäßig besucht, einige Kursräume standen leer, die Akzeptanz bei vielen Bürgern ließ auch arg zuwünschen übrig...
Der Alte Bahnhof Kettwig im Dezember 2010 ist hingegen eine Erfolgsgeschichte. Der Vorstand der Interessengemeinschaft rund um Wolfgang Lettow hat einen harten Kurswechsel vorgenommen, der Einrichtung an der Ruhrtalstraße deutlich mehr Professionalität verordnet und den Besucherwünschen höchste Priorität verschafft.
Das Ergebnis: „Wir sind mittlerweile finanziell gut aufgestellt, konnten sogar die zweite Bauphase vorziehen und sind noch in dieser Woche mit der Renovierung des Kellergewölbes, der ersten Etage und des Dachgeschosses fertig - und bei der Belegung sind wir fast am Limit“, sagt Wolfgang Lettow nicht ohne Stolz.
Anstrengende Monate liegen hinter ihm und seinen beiden Stellvertretern Hartmut Ketteler und Bernd Vollmer. Einmal in der Woche trifft sich das Trio, diskutiert, entscheidet, hält immer den Kontakt zu den engagierten IG-Mitarbeitern, zeigt viel Präsenz.
Wohin die kulturelle Reise des Bürgerzentrums gehen wird, wird künftig der am vergangenen Mittwoch gegründete Kulturausschuss vorgeben. Neben Bernd Vollmer, der quasi als Bindeglied zwischen Ausschuss und Vorstand fungieren wird, gehören ihm Heide Kiekbusch-Kühner, Lutz Erbslöh und Christiane Strehl-Lettow an. Die Kultur koordinieren - das wird ihre Hauptaufgabe sein. Und Ergebnisse gibt es auch schon. Christiane Strehl-Lettow: „Wir konnten die Band Claymore verpflichten, freuen uns auf zwei Konzerte mit dem Pianisten Ratko Delorko, die Kooperation mit dem Kleinen Theater Essen wird fortgesetzt, und Franziska Dannheim wird ihr Angebot bei uns erweitern.“
Franziska Dannheim erweitert Angebot
Dannheims „Oper légère“ wird auch 2011 weiterhin das Publikum begeistern. Darüberhinaus lädt die Künstlerin an fünf Terminen im Jahr in den Gewölbekeller des Alten Bahnhof ein - zum so genannten DannHeimLeuchten. Christiane Strehl-Lettow: „Keine Technik, kein Schnickschnack, sondern eine Stunde lang Gedichte und Texte.“
Den Gewölbekeller als Kleinkunstbühne zu etablieren, das wünscht sie sich. „40 Gäste haben dort Platz. Wir können uns dort eine Menge an spannenden Veranstaltungen vorstellen - halt kleine Formate mit viel Atmosphäre.“
Viel Atmosphäre, viel Leben im Haus, das seien die einschneidensten Veränderungen, die der Alte Bahnhof in den vergangenen Monaten erfahren habe. Das sagt Dagmar Wolsing. Und sie muss es wissen, denn sie ist von Beginn an Mieterin. Mit ihrem Lerncenter Kumon hat sie die Entwicklung bestens verfolgen können. Dagmar Wolsing: „So bunt wie jetzt war es hier schon lange nicht mehr. Das finde ich absolut klasse. Der Alte Bahnhof ist auf einem guten Weg - wenn man ihn denn lässt. Das Einzugsgebiet ist mittlerweile viel größer geworden, und der Bahnhof wird immer bekannter - er ist zu einer eigenen Marke geworden.“ Auch Gabriele Chmiel-Lange ist Mieterin. Seit September bietet sie in den Bahnhofsräumen Ballettstunden an - für Kinder und Erwachsene. Es boomt, denn „die Lage hier ist einfach nur genial“.
Alles bestens, kein einziges Problem? Probleme eher nicht, wenn dann Hürden, die es aus dem Weg zu räumen gilt. Vom neuen Kulturdezernenten der Stadt Essen, Andreas Bomheuer, verspricht sich die IG eine Menge Unterstützung. Der städtische Zuschuss in Höhe von 20 000 Euro ist schon einmal gesichert und wird auch 2011 für Entlastung sorgen. „Und er hat uns in einem Gespräch weitere Mittel in Aussicht gestellt“, sagt Wolfgang Lettow.
Gutes Gespräch mit
dem Kulturdezernenten
Auch in Sachen Pachtvertrag, der die IG immer noch arg knebelt, könnte Andreas Bomheuer helfen, denn „die Politik hat sich in diesem Punkt nicht bewegt, und so hoffen wir, dass auf dem Verwaltungsweg etwas Positives angeschoben werden kann“. Auf Unterstützung durch die Sparkasse kann die Interessengemeinschaft aller Voraussicht nach ebenfalls setzen. „Im Januar werden wir neue Konditionen für den langfristigen Restkredit über 100 000 Euro verhandeln“, sagt Wolfgang Lettow.
Allerdings müssen sich Mieter, Besucher der Veranstaltungen und Kursteilnehmer auch auf Einschneidungen einrichten, denn „wir sind immer noch nicht in der Lage, die notwendigen Rücklagen zu bilden“, sagt Hartmut Ketteler, der bei der IG für die Finanzen zuständig ist. 2011 werden die Preise noch stabil bleiben, „aber im Jahr darauf werden wir mit Sicherheit erhöhen müssen. Sowohl bei den Kursen als auch bei den Veranstaltungen.“