Gewiss kennt Michael Maas das Sprichwort vom vollen Bauch, der nicht gern studiert. Doch bei seiner Arbeit erlebe er eher Kinder, die sechs, sieben Schulstunden mit leerem Bauch durchstehen müssen, weil ihnen morgens niemand ein Frühstück macht.

Darum sagt er: „Essen ist ein wichtiger Bestandteil unserer Arbeit.“ Maas leitet das Projekt „Lernen wie man lernt“ des Kinderschutzbundes, das mehr sein will als eine Hausaufgabenbetreuung. Wenn die Kinder nach der Schule in den Pavillon an der Altenessener Straße kommen, haben sie mindestens einen Riesenappetit, manche sind tierisch hungrig.

Beim Kinderschutzbund bekommen sie für 1,50 Euro eine Mahlzeit; ein Schmunzelpreis, der die Kosten nicht deckt. In Altenessen sind derzeit 20 Kinder zum Mittagessen angemeldet, gut 15 von ihnen verteilen sich tatsächlich um zwei lange Tische. Manche von ihnen würden allein zu Hause sitzen, weil die Eltern arbeiten, andere stammen aus Familien, die das Kochen verlernt haben. Maas mag nicht mit dem Finger auf die Eltern zeigen, weist vorsorglich darauf hin, dass viele ihre Kinder sehr gut versorgen. „Gerade Migrantenfamilien verstehen oft, mit wenig Geld tolle Gerichte zu kochen.“

Pizza vorm Fernseher

Es gibt aber auch Familien, denen die gemeinsamen Mahlzeiten abhanden gekommen sind. Weil es ihnen unmöglich scheint, die große Kinderschar an einen Tisch zu versammeln, weil man vorm Fernseher die Pizza aus dem Pappkarton isst, weil morgens niemand aufsteht, um ein Brot zu schmieren. Krasse Einzelfälle seien das, sagt Maas, wo sich lange Arbeitslosigkeit mit psychischen Problemen paare.

Wenn die Eltern morgens im Bett bleiben, könne man froh sein, wenn das Kind pünktlich zur Schule kommt. „Ein Frühstück macht es sich meist nicht“, weiß Maas. Und das „Frühstücksgeld“ wird an der Bude in Süßigkeiten und Limonade umgesetzt.

Tischdecken gehört zur Esskultur

Darum serviert der Kinderschutzbund zu jedem Mittagessen einen Rohkostteller, darum gibt es jederzeit Mineralwasser. „Das löscht nicht nur den Durst, sondern fördert auch die Konzentration.“ Zum ganzheitlich-gesunden Ansatz des Projekts gehören auch Sport- und Bewegungsangebote. Gehört aber auch, dass es keine Dogmen gibt: Computerspiele sind erlaubt, wenn auch zeitlich begrenzt. „Da achten die Kinder gegenseitig drauf, dass keiner überzieht.“

Familiär ist die Atmosphäre, familiäre Grundtugenden werden hier - neben Schulwissen - eingeübt. Wie man einen Tisch deckt, eine Spülmaschine einräumt, Gemüse putzt oder Kekse backt. Auch das gehört zur Esskultur - genau wie das Gespräch bei Tisch, das bei zwei Dutzend Kindern schon mal lebhafter werden kann.

Lieblingsessen Nudeln

Über zwei Dinge etwa sind sich Hanien (9), Sarah (12), Shirin (9) und Raiian (9) einig: Das ist zum einen, „dass die Jungen furchtbar laut sind“. „Die machen Quatsch beim Essen, reden nur über Fußball, ärgern uns ständig....“ So sprudelt es aus den Mädchen heraus. Unerträglich sei dieser Lärm! Andererseits fänden sie es natürlich langweilig allein zu essen und freuten sich, dass sie bei Tisch etwaigen Ärger in der Schule oder Streit mit einer Freundin loswerden können. Kann sein, dass auch sie selbst da mal lauter werden.

Worüber sich die Mädchen noch einig sind? „Nichts ist so lecker wie Nudeln!“