Essen. .

Die Deutsche Bank hat wichtige Teile ihres zentralen Services nach Essen verlagert - und es kann noch mehr werden. Seit dem Sommer residiert die Bank im alten Bahngebäude am Bismarckplatz. Wir durften hinter die Kulissen schauen.

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Von DerWesten

„Deutsche Bank“ prangt seit Sommer in großen blauen Lettern am renovierten altehrwürdigen Bahndirektions-Gebäude am Bismarckplatz, geheimnisvoll brennt nun im dritten Stock nachts immer Licht. Doch wer als Kunde hier direkt einen Kredit aufnehmen, ein paar Aktien verschieben oder sich über Finanzgeschäfte informieren wollte, wäre völlig falsch. Nur ausdrücklich angemeldete Besucher kommen bei Abgabe ihres Personalausweises an Kötter-Sicherheitsleuten und metallenen Einlass-Schranken vorbei, können durch die Flure mit ihren eindrucksvollen Kuppeln des 1895 für die „Königliche Eisenbahndirektion Essen“ errichteten Hauses schreiten.

Bargeld schützen die Sicherheitsleute nicht, sondern nur sehr sensible Kundendaten auf Formularen, meist eingescannt in Computern, die von den insgesamt rund 1000 Deutsche-Bank-Mitarbeitern im Gebäude elektronisch bearbeitet und hin und her geschoben werden. Seit August ist Essen einer von nur zwei bundesweiten Hauptstützpunkten der inneren Organisation der Deutschen Bank - und zugleich wird hier deutlich, wie modernes Bankwesen heutzutage funktioniert.

Das Prinzip: Die Berater in den Filialen kümmern sich um die Kunden und deren Wünsche, fixieren diese per Unterschrift - und der ganze Papierkram dahinter, die konkrete Abwicklung einer Kontoeröffnung, einer Testamentsvollstreckung, eines Wertpapier-Kaufs erledigt man zentralisiert irgendwo in Deutschland. Dieses „irgendwo“ ist bei der Deutschen Bank eben auch Essen. Bundesweit kommen täglich über 50 000 Aufträge bei der Bank zusammen, in der Woche sind es eine Million Seiten - die überwiegend in Leipzig eingescannt werden. Die Aufträge werden danach zu 80 Prozent automatisch per Datenleitung an Mitarbeiter gemäß ihrer Fertigkeiten verteilt. Dieser interne Dienstleister firmiert unter „DB Service“, der in Essen 800 Leute beschäftigt.

Am Bismarckplatz sitzt aber auch noch die Telefonservice-Gesellschaft der Deutschen Bank, die „DB Direkt“, - mit 200 Leuten. Und die sind es, die für das nächtliche Licht sorgen: Denn 24 Stunden können Kunden die Deutsche Bank erreichen - und landen, ob aus Sachsen, Bayern oder Ostfriesland, in Essen oder Berlin. Tagsüber übernimmt das „Call Center“ auch alle Anrufe an die Kundenberater in den Filialen an, wenn diese gerade selbst telefonisch nicht zu erreichen sind.

Zugriff auf die Kalender

Grüne Besprechungskabine: Björn Ihlefeldt (hinten) und Erik Bertenrath. Foto: Udo Milbret
Grüne Besprechungskabine: Björn Ihlefeldt (hinten) und Erik Bertenrath. Foto: Udo Milbret © WAZ FotoPool

Zwei Drittel der Wünsche der Kunden können so zentral am Telefon erledigt werden, etwa Wertpapier-Orders oder Überweisungen, ja, die Essener haben sogar Zugriff auf die Terminkalender aller Deutsche-Bank-Berater und können mit dem Kunden ein Gespräch vor Ort festmachen. Spätestens nach 20 Sekunden sollen die Kunden am Telefon einen Berater an der Strippe haben, hat DB-Direkt-Geschäftsleiter Kurt Siering als Leitlinie ausgerufen.

Ihren internen Service-Bereich hat die Deutsche Bank in den vergangenen zehn Jahren immer weiter konzentriert - weswegen jetzt viele Deutschbanker nach Essen pendeln: Von Köln, Bad Honnef, von Leverkusen oder Düsseldorf. Beate Brettschneider ist eine von ihnen: Die 46-jährige Langenfelderin war ihr Arbeitsleben lang der Deutschen Bank treu und sorgt jetzt dafür, dass zu viel gezahlte Zinsabschlagsteuer wieder an Kunden zurücküberwiesen werden. Sie prüft solche Stornierungen auf Richtigkeit und wickelt diese ab. „Jetzt zum Jahresende kommen hier Massen davon an.“ Die täglich andert-halbstündige Fahrerei hin und zurück nimmt sie statt eines Umzugs nach Essen in Kauf, weil ihrer Familie ein Haus am Niederrhein gehört.

Über 150 Mitarbeiter aus dem gesamten Ruhrgebiet hat die Bank für ihre Essener Service-Zentrale neu eingestellt - wenn es gut läuft, soll weiter expandiert werden. Reserve-Räume sind noch für Hunderte Arbeitsplätze vorhanden. Das Schöne für den hiesigen Arbeitsmarkt: Die Deutsche Bank bietet in Essen sowohl einfache Tätigkeiten mit Anlernzeiten von zwei Wochen als auch hochspezialisierte Jobs mit fünfstelligen Monatsgehältern an.

„Ausschlaggebend waren die gute Infrastruktur der Stadt“

Unter 28 möglichen Standorten für die Service-Zentrale machte am Ende Essen das Rennen. „Ausschlaggebend waren die gute Infrastruktur der Stadt und das hohe qualitativ gute Arbeitskräftepotenzial der Region“, gibt Kurt Siering an. „Eine große Rolle spielte auch, was die Stadt für unsere Mitarbeiter tun kann, bei der Wohnungssuche, bei der Bereitstellung von Kita-Plätzen. Mitentscheidend war da der Einsatz der Essener Wirtschaftsförderung, die für Essen bei unserer Belegschaft geworben hat“, lobt Gülabatin Sun, Leiterin der DB Service Essen.

Überwiegend sitzen die Arbeitnehmer in schall-gedämmten Großraumbüros. Einen festen Arbeitsort hat niemand; da nicht immer alle da sind, spart die Deutsche Bank so bis zu 50 Prozent an Büroausstattung und -fläche ein. Die Schreibtische sind elektronisch so gut höhenverstellbar, dass man sogar im Stehen arbeiten kann. Eine Ecke mit Spezialkaffee-Sorten, Obst und Wasser soll Geist und Körper wach halten. Und wenn der Chef einen mal ins Gebet nehmen will, also ein Motivationsgespräch führt, dann stehen mitten im Großraumbüro zwei merkwürdige grüne Riesen-Sessel: Aus denen dringt angeblich kein Ton nach außen.