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Die Merkez-Moschee im ehemaligen Böhmer-Schuhlager am Bahnhof Frohnhausen wartet noch immer auf ihre Kuppel. Die soll mit einem Durchmesser von 31 Metern Europas größten Gebetsraum überspannen.
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Ach, wäre es doch ein Sternenzelt, der sich da über dem Betrachter ausbreitet, er bekäme eine Idee davon, was hier entstehen soll. Aber der Himmel über Frohnhausen ist grau und zum Greifen nahe an diesem tristen Novembertag. Nichts, was die Phantasie beflügelt und einen träumen ließe. So muss Oylar Saguner zu Block und Stift greifen. Ein paar Striche hier, ein Halbkreis dort... Mit schnellen Strichen zeichnet der Architekt einen Würfel aufs Papier, deutet darauf eine Pyramide an und ersetzt die Spitze durch ein Halbrund. Es ist das Abbild einer Moschee. „Sie sieht aus wie ein Diamantring“, strahlt Saguner.
Doch noch funkelt es nur in seinen Augen, noch wirkt wie ein leeres Eheversprechen, was sein Meisterstück werden soll. Wo eine Kuppel mit einem Durchmesser von 31 Metern Europas größten Gebetsraum überspannen soll, tut sich ein Stück Himmel auf. Die Merkez-Moschee der Altendorfer Ditib-Gemeinde im Gewerbegebiet In der Hagenbeck ist eine Unvollendete. Das Prunkstück des Gebäudes, die sieben Meter hohe Kuppel, gefertigt aus Aluminium lässt auf sich warten. So erinnert das einstige Böhmer-Schuhlager an einen riesigen Schuhkarton. Nur: Es fehlt der Deckel.
Seit nunmehr zwei Monaten herrscht Ruhe im Karton. Die Gemeindemitglieder haben getan, was sie tun konnten. Sie haben nach Feierabend und an Wochenenden Mauern abgetragen, haben Schutt geschippt und Fenster zugemauert. Freiwillig. Weil es Geld spart. Und weil es für einen Muslim eine erhabene Tat sei, beim Bau einer Moschee mitgearbeitet zu haben, wie Oylar Saguner erläutert. Aber „jetzt muss eine Firma ran“, sagt der Gemeindevorsitzende Cemal Yapar. Doch jetzt ist der Winter da. Und bei Temperaturen unter fünf Grad ist an Bauarbeiten nicht zu denken. Das Richtfest verlegt Saguner deshalb gleich ins nächste Frühjahr. Was sind schon ein paar Monate...?
„Können Sie sich eine Kirche ohne Kirchturm vorstellen?“
„Seit 1979 spart die Gemeinde für ein solches Haus“, weiß Saguner. Nach dem Freitagsgebet bittet sie Gläubige um eine Spende. 1,4 Millionen Euro will sie in den Umbau des ehemaligen Schuhlagers investieren. Als Architekt hat Saguner Häuser, Schulen und Einkaufszentren gebaut. Nun soll er einen Zweckbau in eine Moschee verwandeln mit angeschlossenem Gemeindezentrum, mit Sozialräumen, Sporthalle und Cafeteria. „4000 Quadratmeter Gebäudefläche auf 6000 Quadratmetern Grundstück“, rechnet Saguner vor und räumt ein, das Budget sei bescheiden für ein solches Projekt. Kreatives Wirtschaften ist gefragt. So will Saguner eine Außentreppe verkleiden in ein 22 Meter hohes „symbolisches Minarett“. Das gehöre dazu. „Oder können Sie sich eine Kirche ohne Kirchturm vorstellen?“
Bis zu 360 Gläubige sollen sich in der Moschee versammeln und gemeinsam gen Mekka verneigen, mehr Menschen auf einmal lässt die Bauaufsicht nicht zu im 1100 Quadratmeter großen Gebetsraum, den Saguner mit ausholenden Gesten vor dem geistigen Auge mit Leben füllt. Ein kühler Luftzug holt den Betrachter zurück in die Wirklichkeit. Die reale Welt besteht aus einem Wald an Stützstangen, aus viel nackter Wand und aus einer hölzernen Krone. So sieht sie aus, die Konstruktion, die einmal in Beton gegossen die Aluminium-Kuppel tragen soll.
Im Juni schon sollte sie aufgesetzt werden. Preisverhandlungen mit dem Hersteller hätten den Zeitplan über den Haufen geworfen, heißt es.. Oylar Saguner bemüht sich darum. jeden Eindruck zu zerstreuen, der Gemeinde sei vielleicht das Geld ausgegangen. Nein, nein. Nur das o.k. des Statikers lasse noch auf sich warten. Schließlich soll niemandem der Himmel auf den Kopf fallen. Wo der doch so nahe ist.