Essen.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) stößt mit seinem Vorschlag, künftig den Kommunen die Entscheidung über die Höhe der Einkommensteuer zu überlassen, bei der Essener Stadtspitze auf offene Ohren.

„Ich finde diese Idee schon seit vielen Jahren persönlich sympathisch. Würden die Städte über die Höhe des Einkommensteuer-Hebesatzes entscheiden, würde dies die kommunale Selbstverwaltung stärken“, sagte Stadtkämmerer Lars Klieve (CDU). „Zudem steigt die Transparenz für die Bürger: Er erkennt auf seinem Gehaltszettel sofort, wie viel von seinen Steuern für seine Kommune verwendet wird, in der er lebt. Das Modell stößt allerdings an praktische Grenzen.“

Nach der Idee von Schäuble sollen die Städte künftig neben der Gewerbesteuer für Betriebe und der Grundsteuer für Hauseigentümer und deren Mieter auch einen Aufschlag auf die Einkommensteuer für alle Einwohner im Ort selbst bestimmen.

Heute wird das bundesweite Einkommensteuer-Aufkommen nach einem festen Schlüssel aufgeteilt: 42,5 Prozent erhält der Bund, 42,5 Prozent bekommen alle Länder und 15 Prozent alle Kommunen. Würde Schäubles Vorschlag Wirklichkeit, könnten die Städte über ihre 15 Prozent selbst bestimmen: Die einen könnten nur 5 Prozent vom Einkommen ihrer Einwohner verlangen, die anderen 18 Prozent oder mehr - je nachdem, wie viel die Stadt benötigt.

Als Vorteil sieht Essens Stadtkämmerer, dass sich jede Kommune mehr anstrengen muss, möglichst effizient mit dem Geld umzugehen, um keine hohen Steueraufschläge zu nehmen. „Denn das macht eine Stadt unattraktiv, sie würde Einwohner verlieren.“

Klieve, der auch Bundesschatzmeister der Kommunalpolitischen Vereinigung (KPV) der CDU ist, sieht allerdings auch erhebliche Schattenseiten der kommunal selbstständigen Steuererhebung. „Große Städte wie Essen, Köln oder Frankfurt erbringen enorme Leistungen als Oberzentren fürs Umland, etwa Kultur, Nahverkehr oder anderweitige Infrastruktur. Diese Kosten müssten dann nur die Einwohner der Großstädte aufbringen, nicht die des Umlandes, obwohl sie die Einrichtungen der Oberzentren nutzen“, sagte Klieve. Eine Großstadt müsse daher höhere Hebesätze nehmen als das Umland - dies könne gerade bei Gutverdienern eine nicht gewollte Stadtflucht auslösen.

Zudem seien viele Aufwendungen von den Städten selbst gar nicht zu beeinflussen. So müssten Großstädte deutlich mehr von Bundesgesetzen festgelegte Sozialkosten schultern als kleine Gemeinden.

„Es besteht durchaus auch die Gefahr, dass sich die Kluft zwischen den heute schon reichen Städten und den ärmeren Kommunen vergrößert“, meint Klieve. So dürfe das hoch verschuldete Essen heute als Nothaushaltskommune im Gegensatz zu Düsseldorf oder Hilden etwa die Kindergarten-Gebühren nicht senken. Essen müsse also bei einem kommunalen Einkommensteuer-Aufschlag auf jeden Fall 15 Prozent nehmen.

„Eine Senkung würde uns wohl von der Düsseldorfer Kommunalaufsicht verboten werden“, meint Klieve. Mehr als 15 Prozent von den Essenern berechnen, würde Klieve aber nicht. „Ich will keine Steuern erhöhen, wir müssen dann effizienter arbeiten, wenn es nicht reichen sollte.“