Kettwig. .

„Ich sehe in der Mauer keinerlei ästhetischen Wert“ - diese Aussage von Fabian Schrumpf fand Zustimmung. So sprachen sich alle Fraktionen der Bezirksvertretung IX im Anschluss an das Plädoyer des CDU-Politikers dafür aus, die Mauern der ehemaligen Scheidtschen Kammgarnspinnerei nicht unter Denkmalschutz zu stellen.

Dem vorausgegangen war der Vorschlag der Stadt Essen, die zwischen Ringstraße, Promenadenweg und Bachstraße gelegene Kammgarnspinnerei als Industriedenkmal von bezirklicher Bedeutung zu behandeln und in die Denkmalliste einzutragen.

Das Ensemble besteht aus einem Verwaltungsgebäude und der so genannten Kraftzentrale samt Lagerhaus und einem dies alles umgebenden Mauerwerk. Beide Gebäudeteile wollen auch die Bezirksvertreter unter Denkmalschutz stellen. Der Teilstandort der 1681 von Gottfried Scheidt gegründeten Fabrik geht auf die Jahre 1882/83 zurück. Damals legte ihn die Firma Scheidt an, um für die Tuchmacherei auf Kammgarn aus eigener Produktion zurückgreifen zu können und von Lieferanten unabhängig zu werden. Mit dem zusätzlichen Produktionsteil entstand ein autonomer Betrieb, dem später ein eigener Färbebereich für die Herstellung farbiger Garne angegliedert wurde. Auch das Verwaltungsgebäude weist heute zahlreiche historische Ausstattungselemente aus den Jahren 1904 bis 1920 auf, darunter Stukkaturen, Wandvertäfelungen und Wandbilder sowie ein bemerkenswertes Treppenhaus.

Schon 1976 hatte das Rheinische Denkmalamt erstmals darauf hingewirkt, Teile des Scheidtschen Industriegeländes unter Schutz zu stellen.

Die freie Sicht aufs
Wasser wird verhindert

Eine Begehung des Areals der Kammgarnspinnerei brachte 2003 das Ergebnis, dass der Denkmalumfang auch die Außenmauern des dreieckigen Grundstücks umfasse, die sich an der Ringstraße und dem Teilbereich zwischen Ringstraße und Promenadenweg entlang ziehen. Insbesondere das dreifach abgestufte Backstein-Abschlussgesims am Promenadenweg sowie das Rundbogenfries an der Ringstraße und den Querteil zwischen den beiden Straßen mit seinen Ochsenaugen-Fensteröffnungen befanden die Denkmalschützer als erhaltenswert.

Bezirksvertreter Gerald Janke (Die Linke) äußerte sich in der Sitzung der Bezirksvertretung dahingehend, das vorhandene Mauerwerk verhindere die Sicht auf den Fluss. „Wenn alles unter Denkmalschutz gestellt würde, würde ich den freien Blick zur Ruhr vermissen.“ Dieser aber müsse hergestellt werden. Damit sprach er Fabian Schrumpf aus der Seele: „Den Umfang des Schutzes der Mauer zur Ringstraße sehen wir als CDU-Fraktion als problematisch an.“ Die Mauer wirke „wie ein Riegel“. Vielleicht könne man, ähnlich wie bei der Berliner Mauer, nur einen kleinen Teil davon erhalten. Ein solches Mauerstück solle aber „nicht zu lang sein“.

Die SPD-Fraktion schloss sich diesen Ausführungen an, so dass die Herausnahme der Mauer aus dem Denkmalschutzvorhaben von der BV IX einstimmig befürwortet wurde.