Essen. .

Weil er am 18. März zwei Mitarbeiter des Essener Jobcenters mit einem Messer verletzte, muss sich ein 29-Jähriger vor dem Landgericht verantworten. Schon bei der Anklage wird dem psychisch kranken Mann verminderte Schuldfähigkeit bescheinigt.

Weil er seine Arbeitslosenunterstützung nicht bekommen hatte, finanziell am Ende war und um sein Leben fürchtete, rastete ein 29-jähriger psychisch kranker Essener am 18. März im Jobcenter an der Bismarckstraße aus. Er griff zwei Mitarbeiter an und verletzte sie mit einem Teppichmesser. Seit Mittwoch steht der Mann wegen gefährlicher Körperverletzung vor der VI. Strafkammer des Landgerichts.

An den Schultern gefasst führen zwei Wachtmeister den leicht widerstrebenden Angeklagten auf seinen Platz neben Rechtsanwältin Petra Makalowski. Seine Handgelenke sind zusammengebunden und vier kräftige Männer halten ihn fortan im Auge. „Erheblich verminderte Schuldfähigkeit“ billigt ihm Oberstaatsanwältin Birgit Jürgens schon in der Anklage zu. Er leide an einer paranoiden Persönlichkeitsstörung, die eine Unterbringung in der Psychiatrie erforderlich mache.

„Es war ein folgenschwerer Blödsinn“

Er will reden, „gerne auch unter Eid.“ Er spricht teils verständlich schlüssig und dann wieder wirr. „Es tut mir Leid“, sagt er, „es war ein folgenschwerer Blödsinn.“ Und wenig später: „Ich dachte, ich dürfte das Messer ziehen.“ „Beamtenhilfe“, nennt er das und meint: „Das steht doch im Grundgesetz, ganz hinten am Schluss.“ Will er sich gar lustig machen? Wohl eher nicht. „Bizarres Gedankengut“, nennt das Psychiaterin Dr. Maren Losch. Als seine Verlobte den Saal betritt fließen Tränen, sie geht bald wieder, flüstert ihm noch ein „Ich liebe Dich“ zu.

Der Angeklagte hatte tatsächlich wegen einer Änderung seines Kontos für den Monat März kein Geld bekommen. Seine entsprechende Mitteilung am 23. Februar kam zu spät, sein Geld war schon aufs alte Konto angewiesen und dann zurückgegangen. Erst drei Wochen später werde man darüber aus Nürnberg informiert, weiß der 41-jährige Jobcenter Angestellte, der vom Angeklagten mit dem Messer am Kopf verletzt worden war.

Schon am Tag zuvor war der 29-Jährige im Jobcenter wegen seiner Probleme auffällig geworden. Für den nächsten Tag bekam er einen „Notfalltermin“ um 8.40 Uhr. Der 41-Jährige erwartete ihn gemeinsam mit dem Bereichsleiter. Es habe ein ruhiges, sachlichen Gespräch gegeben, bis der Mann das Messer gezogen habe. „Ich dachte, der sticht uns ab“, erinnert sich der 41-Jährige. Da meldet sich der Angeklagte - und entschuldigt sich bei dem Zeugen. Der Prozess wird fortgesetzt.