Die Essener FDP geht mit der Hypothek schwerer innerparteilicher Zerwürfnisse in die Schlussphase des Kommunalwahlkampfes.
Der parteilose Oberbürgermeister-Kandidat Wolfgang Horn wurde beim außerordentlichen Parteitag am Pfingstmontag im Hotel Bredeney gegen den Europa-Kandidaten und Theatermacher Christian Stratmann ausgetauscht. Politik-Professor Horn, dem ein Vertrauensbruch gegenüber Ratsfraktionschef Hans-Peter Schöneweiß zur Last gelegt wird, erhielt keine Gelegenheit zur Selbsterklärung. Der Parteitag verweigerte ihm mit 70 zu 65 Stimmen das Rederecht.
„Das ist schändlich für eine liberale Partei”, zürnte der frühere FDP-Vorsitzende Ulrich Müting. Den noch vor wenigen Monaten zum OB-Kandidaten gekürten Horn nun wortlos durch die Hintertür zu entlassen, sei „ein Ausweis für den Zustand einer Partei”. Ein erregtes Mitglied verortete die Essener Liberalen in einem Wortbeitrag gar in der „Nähe von politischen Sektierern”.
Horn hatte laut Redemanuskript vor dem Parteitag ausführen wollen, warum er in der fünfköpfigen Stadtratsfraktion für die Abwahl des Vorsitzenden Hans-Peter Schöneweiß eingetreten war. Der Abwahlantrag sei kein Handstreich von ihm gewesen, sondern sei von mehreren prominenten FDP-Mitgliedern unterstützt worden. Schöneweiß betrachte „die Fraktion und alles, was damit zusammenhängt, als sein Eigentum”. Es herrsche „ein Meinungs- und Gesinnungsklima mit Gerüchten, Behauptungen und Verdächtigungen”. Der Kreisparteivorstand sei überdies „zu feige” gewesen, ihn vor der eingeleiteten Abberufung als OB-Kandidat zumindest einmal zu den Gründen der Fraktionsstreitigkeiten zu befragen.
Parteichef Ralf Witzel, im Hauptberuf Landtagsabgeordneter, bemühte sich, den nunmehr dritten Anlauf zu Aufstellung einer FDP-Mannschaft zur Kommunalwahl als notwendige „Korrekturentscheidung” plausibel zu machen. Er bezeichnete Horns Vorgehen gegen Schöneweiß als „kapitalen Vorgang”. Zudem zitierte er – in dieser Form ungewöhnlich – aus E-Mails und parteiinternen Gesprächen, um eine fehlenden strategische Mitarbeit Horns öffentlich zu untermauern.
Bei den abschließenden Wahlen wurde der umstrittene Fraktionschef Hans-Peter Schöneweiß mit 88 Stimmen gegen Herausforderer Helmut Dinter (42) erneut zum Spitzenkandidaten der Ratsreserveliste gewählt. Der neue OB-Kandidat Christian Stratmann, Kopf des Theaters „Mondpalast”, erhielt 133 von 141 Stimmen und erklärte: „Ich empfinde mich nicht als Zählkandidat und will Oberbürgermeister werden.”