Essen..
Wenn Rot-Weiß und Schwarz-Weiß in der Vergangenheit aufeinander prallten, dann strömten die Fans, dann flogen aber auch die Fetzen. Am Mittwochabend treffen die beiden Teams im Verbandspokal nach elf Jahren wieder aufeinander.
Derbys sind gemeinhin das Salz in der Fußball-Suppe, und reine Stadtduelle erst recht. Wenn zwei Erzrivalen aufeinander treffen, dann hat das für die Fans der betroffenen Vereine eine hohe symbolische Bedeutung. Starke Emotionen werden hervorgerufen, weil fast immer soziale oder gar religiöse Komponenten mit im Spiel sind. Arm gegen Reich, wie in München, Katholiken gegen Protestanten, wie in Glasgow. In Liverpool wiederum ist es die räumliche Nähe, liegen doch die beiden Stadien nicht einmal einen Kilometer voneinander entfernt.
Auch in Essen wurden in der Vergangenheit immer wieder die alten Klischees gepflegt, wenn Rot-Weiß und Schwarz-Weiß die Klingen kreuzten. Hier der Arbeiterverein aus dem vom Bergbau geprägten Essener Norden, dort der Lackschuhclub aus dem bürgerlichen Süden.
ETB als Paradebeispiel für bürgerlichen Fußballverein
Die Historie der Rot-Weißen ist den meisten Fußballfans bekannt. Vereinsgründer Georg Melches stammte aus einer Vogelheimer Bergarbeiter-Familie, Bergwerkslehrlinge und Jungbergleute gründeten 1907 den Fußballverein Vogelheim, aus dem 1923 Rot-Weiss Essen wurde.
Der ETB Schwarz-Weiß gilt hingegen als Paradebeispiel für einen bürgerlichen Fußballverein: gegründet von Mittelständlern, Kaufleuten und Angestellten.
„Die Spieler sollen sich angeblich mit Sie angesprochen haben“, sagt der Fußballhistoriker Ralf Piorr.
In den 1930er Jahren kam es in der Ruhrbezirks- bzw. Gauliga zu den ersten Punktspiel-duellen. Zunächst dominierten die Schwarz-Weißen und brachten den Roten in der Saison 1938/39 die höchste aller verbrieften Derby-Niederlagen (0:5) bei. Nach dem Krieg übernahmen die Roten das Kommando und fegten den Kontrahenten in der Oberliga-Saison 1952/53 gar mit 8:1 vom Feld.
1960 war es jedoch schon vorbei mit den Erstliga-Duellen. Nur wenige Monate nach dem Pokalsieg stieg der ETB mit Spielern wie Hermann Merchel, Kalla Mozin oder Hennes Küppers in die Zweite Liga ab, ein Jahr später folgte RWE mit Fritz Herkenrath, Heinz Wewers und dem jungen Otto Rehhagel. Als 1963 die Bundesliga an den Start ging, waren die beiden Traditionsvereine Zuschauer.
„Ich erinnere mich an knüppelharte Derbys“
Seitdem trafen die beiden Rivalen nur noch als Zweit-, Dritt- oder gar Viertligisten aufeinander. Von seinem Reiz büßte der rot-weiß-schwarze Bruderkampf allerdings kaum etwas ein. Wenn die Roten mal wieder abgestiegen waren, strengten sich die Schwarzen besonders an, um der vermeintlichen Nummer eins der Stadt eins auszuwischen. Nicht selten flogen richtig die Fetzen. „Ich erinnere mich an knüppelharte Derbys mit schweren Verletzungen“, sagt RWE-Geschäftsstellenleiter Detlev Jaritz, der wohl die Hälfte aller Vergleiche live erlebt hat.
Wie viele es insgesamt waren, kann niemand genau sagen. „Mehr als 70“, glaubt der Sporthistoriker und Buchautor Uwe Wick. 42 Mal trafen Rot-Weiß und Schwarz-Weiß seit dem Zweiten Weltkrieg in Punktspielen aufeinander. Eines davon ging in die Geschichte ein: Am Ostermontag 1985 pilgerten 30 000 zum vorentscheidenden Duell um die Meisterschaft in der damaligen Oberliga Nordrhein und sorgten für einen Drittliga-Zuschauerrekord. Die wirtschaftlichen Voraussetzungen für eine Renaissance der Traditionsclubs waren allerdings schon damals nicht gegeben.