Essen. In der Schule gäbe es einen Tadel. Aber für diese Schüler gibt es ein Treffen mit Berthold Beitz. Denn dass sie zu spät vom Auslandspraktikum heimkehrten, lag nicht an ihnen. Schuld ist der Vulkan, der Eyjafjallajökull.

Eigentlich hätten die neun 15 bis 18 Jahre alten Schüler schon am 22. April dabei sein müssen, als der Vorsitzende der Krupp-Stiftung den Großteil der 48 Schülerstipendiaten empfing, die ein vierwöchiges Auslandspraktikum absolviert hatten. Doch der Ascheflug des Vulkans blockierte unvermittelt den Rückflug der Neun, zum Beispiel aus China und Finnland. Anfangs geschockt, etwa weil ihnen in China der Pass wegen des ab­gelaufenen Visums abgenommen wurde, meisterten sie alle die ungewohnte Verzögerung.

Leicht war es nicht: „Hektisch. Da war ein riesiger Ansturm auf dem Flughafen“, erzählt eine Schülerin über China. Zum Optimismus trug auch nicht bei, dass Mitarbeiter der Lufthansa ihnen erzählten, es dauere bestimmt vier Wochen. Schüler, die im finnischen Tampere waren, mussten 28 Stunden mit der Fähre fahren. In Begleitung Erwachsener, weil in Finnland 15-Jährige nicht allein aufs Schiff dürfen.

Doch die unfreiwillige Verlängerung ist am Dienstag auf dem Hügel schnell abgehakt. Berthold Beitz will von den jungen Menschen eher wissen, wie sie das Ausland erlebt haben, ob das Geld der Stiftung gut angelegt ist. Seit 1998 finanziert sie auf Anregung und in Zusammenarbeit mit der Essener Wirtschaftsförderungsgesellschaft (EWG) für Schüler aller Schulformen Betriebspraktika im Ausland. 630 Schüler sind bislang gefördert worden. „Und sie haben nach der Schule alle einen Arbeitsplatz bekommen“, freut sich Josef Budzinski von der EWG.

Beitz zeigt sich vom Konzept überzeugt, lobt Auslandserfahrung als wichtige Qualifikation für das Berufsleben. Und: „Wir geben jungen Leuten mit diesem Stipendium die Chance, den Schritt in eine Umgebung zu wagen, in der sie sich allein bewähren müssen.“

Praktische Fragen interessieren den 96-Jährigen. Heimweh? Die neun Schülerinnen und Schüler verneinen. Die Unterkunft? Toilette, Bad? „Das ist mit westlichen Bedingungen nicht zu vergleichen“, sagt einer der China-Praktikanten. Beitz nickt wissend. Als eine Schülerin erzählt, dass ihr in China das Essen gut geschmeckt habe, wirft er schnell ein: „Schlangen?“ Gab es nicht. Peking-Ente stand auf der Speisekarte.

In Gastfamilien waren sie untergebracht, einige haben an Universitäten Deutsch unterrichtet. Beitz erzählt ihnen vom bewegenden Besuch einer Holocaust-Überlebenden aus Aus­tralien am Montag und will wissen, ob sie als Deutsche im Ausland beschimpft oder belästigt worden seien. Aber mit derart negativen Erfahrung, die früher nicht selten waren, kann von den jungen Leuten keiner aufwarten. Der Aufenthalt im Ausland wird positiv gesehen. „Wir haben immer gute Erfahrungen gemacht“, betont Thomas Kempf vom Stiftungsvorstand mit Blick auf alle Projektjahre. In dieser Art sei das Schülerpraktikum im Ausland einzigartig in Deutschland.

Selbstvertrauen haben die Schüler getankt. Gezeigt, was sie leisten können, wenn sie allein auf sich gestellt sind. „Beim Seminar zur Vorbereitung“, erzählt Josef Budzinski, „haben wir eine Folie für Eltern, die ihre Kinder oft zu sehr behüten. ,Bitte mal loslassen’, steht da drauf.“

Berthold Beitz will auch wissen, ob der Name „Krupp“ im Ausland gefallen sei, ob sie Material verteilt hätten. In Finnland, erzählt einer, hätten sie Krupp und die Kulturhauptstadt vorgestellt. Beitz denkt auch ans Museum, das die Stiftung der Stadt geschenkt hat: „Jetzt bin ich Egoist: Das Folkwang-Museum ist das Juwel von der Kulturhauptstadt.“ Dann verabschiedet er sich, geht einmal um den Tisch und gibt jedem Stipendiaten die Hand.