Essen..
140 Bewohner eines Altenheims in Essen müssen das Haus räumen. Grund ist Baupfusch an dem erst 2005 fertig gestellten Haus. Da ein Neubau-Plan gekippt wurde, gibt es für die meist hochpflegebedürftigen Menschen noch keine Alternative. Sie müssen bis Juni 2011 ausgezogen sein.
Der Bau-Pfusch am erst 2005 fertig gestellten Altenheimgebäude in der Essener Weststadt hat für die 140 Bewohner nun schwer wiegende Konsequenzen: Sie müssen definitiv auf Drängen der Baufachleute der Stadt am 18. Juni 2011, also in gut einem Jahr, ausziehen. Ein Verbleib in den gewohnten Zimmern und Wohnungen der von der Kölner Firma „SenVital“ betriebenen „Seniorenresidenz“ an der Helmut-Käutner-Straße ist ausgeschlossen.
Denn die Verlängerung der zweijährigen Sondergenehmigung nach Entdeckung von „Betonnestern“ in den Pfählen und tragenden Wänden vor einem Jahr und anschließender Teilsanierung in Millionenhöhe ist nach Angaben der Stadt unmöglich. Grund: Die Gefahr eines Zusammenbruchs des gesamten Hauses in späteren Jahren bestehe, da die Bauleute falschen Beton verwendet hätten; zudem sei eine theoretisch mögliche Kernsanierung des Betongerüsts bei laufendem Heimbetrieb nicht realisierbar, da die Sanierung mit viel Lärm 18 Monate lang dauern würde, heißt es aus dem Rathaus.
„Sie weinen, dass sie bei uns ausziehen müssen“
Für die alten, meist hochpflegebedürftigen Menschen, gibt es derzeit noch keine Alternative. Ein von SenVital geplanter Neubau auf einem Nachbar-Grundstück wird nun doch nicht verwirklicht.
Auf einer Versammlung von Bewohnern und Angehörigen reagierten die Betroffenen enttäuscht und traurig. „Sie weinen, dass sie bei uns ausziehen müssen. Einige waren auch ein bisschen ängstlich, was aus ihnen werden soll. Sie sagen, sie fühlen sich bei uns wie zu Hause“, erzählt SenVital-Geschäftsführer Uwe Mikrikow. Man werde ihnen allen helfen, ein neues Zimmer bei einem anderen Betreiber zu finden.
Nach Angaben der Essener Heimaufsicht stehen derzeit in anderen Pflegeheimen allerdings nur Zwei-Bett-Zimmer in älteren Gebäuden frei, die beliebten Einzelzimmer in Neubauten sind zu fast 100 Prozent belegt.
„Hektik ist aber nicht angebracht, wir haben ja noch zwölf Monate Zeit“, beruhigt Johannes Potgrave von der Essener Heimaufsicht. Er verweist zudem auf den im Herbst fertig werdenden Altenheim-Neubau der Malteser an der Selmastraße.
„Bis Sommer 2011 kann nichts passieren“
Die Pflegeberater der Stadt würden Angehörigen und Betroffenen in den nächsten Monaten Ratschläge erteilen, allerdings sei ein Masterplan für die Unterbringung aller Heimbewohner nicht vorgesehen. „Wir können das nicht zentral steuern, da muss sich jeder individuell drum kümmern - oder dessen Betreuer.“ Deutlich teurer wird es nach einem Umzug für die alten Menschen wohl nicht werden. Das SenVital-Heim galt als Heim der gehobenen Klasse: Laut Heimaufsicht bezahlt ein Pflegebedürftiger der Stufe III 3600 Euro pro Monat; in Stufe I zahlt man 2500 Euro.
Auf der Versammlung äußerten die Bewohner auch die Sorge, das Haus sei bereits vor dem Auszug Mitte Juni 2011 nicht mehr sicher. Dies wird aber von Detlef Robrecht vom Amt für Stadtplanung und Bauordnung strikt zurückgewiesen. „Wir gehen kein Risiko ein. Wir sind uns zu 100 Prozent sicher, dass bis Sommer 2011 nichts passieren kann. Regelmäßig kontrollieren Fachleute zudem das Gebäude auf Haarrisse.“
Was aus dem Haus wird, ist unklar. Teure Kernsanierung oder Abriss? Das hängt auch vom Verlauf eines langwierigen Prozesses zwischen dem jetzigen Eigentümer, der Kölner Immobilienfirma „E&P“, und der Sparkasse Essen ab, die das Haus an die „E&P“ 2005 verkauft hatte. Dabei geht es um eine mögliche Entschädigungszahlung von bis zu 25 Millionen Euro.