Köln/Essen.

„Eine Nacht in Essen“: Das ist nicht nur Spaß, sondern auch jede Menge Arbeit. Im Interview spricht 1Live-Musikchef Andreas Löffler über einen schon jetzt begeisterten Xavier Naidoo, monatelange Planungen - und warum man an Essen als Location einfach nicht vorbei kommt.

1Live Musikchef Andreas Löffler Foto: 1Live
1Live Musikchef Andreas Löffler Foto: 1Live

Das Programm ist vielversprechend: Radiokonzerte mit Xavier Naidoo, Madsen, The Temper Trap und The Sounds, eine Lesung mit Fußballexperte Christoph Biermann und Comedy mit Jimmy Breuer und Tony Mono. Der Ort für die Auflage 2010 ist mit Essen, der diesjährigen Kulturhauptstadt, geschickt gewählt. Einen ganzen Tag sendet die junge Welle des WDR für „Eine Nacht in Essen“ aus dem Ruhrgebiet. Mittendrin in allem Trubel befindet sich auch 1Live-Musikchef Andreas Löffler. Der Musik- und Event-Redakteur plant und organisiert das mittlerweile feste Projekt im Programm des Radiosenders.

„Eine Nacht in ...“ scheint ein Starmagnet zu sein. Wie gewinnt man die Künstler für eine Veranstaltung?

Andreas Löffler: Man muss wirklich viel telefonieren und natürlich gute Kontakte haben. Ein Beispiel ist Xavier Naidoo. Wir haben ihn seit Beginn seiner Karriere unterstützt und immer an ihn geglaubt. Deshalb kommt er sehr gerne. Aber 1Live ist ja auch ein großer Radiosender, das spielt eine wichtige Rolle.

Wie entstand eigentlich die Idee von „Eine Nacht in ...“?

Löffler: Unsere erste „Eine Nacht in...“ war 2000 in Wuppertal. Wir haben uns damals gesagt, NRW ist ein Bundesland, in dem es sehr viele größere Städte gibt, in denen sich eine Aktion wie diese lohnen würde. Die Städte haben das Potential, mehrere Dinge gleichzeitig zu veranstalten. Irgendwann kam uns die Idee: Wir gehen mit dem ganzen Sender dahin und kommen mit dem Radio zu den Leuten.

Und was ist das Konzept?

Löffler: Wichtig bei der Idee „Eine Nacht in...“ war für uns, nicht nur in unserem Sender in Köln zu sitzen, sondern stattdessen rauszukommen und einen direkten Kontakt zu unseren Hörern zu haben. Wir wollten das Radio direkt vor Ort erlebbar machen – und natürlich auch die Marke 1Live fördern.

Warum sind Aktionen wie diese für einen Radiosender unerlässlich?

Löffler: Es ist extrem wichtig, wenn man zum Beispiel an etwas so anonymes wie das Internet denkt, nah bei den Menschen zu sein. Wir sind ein Sender aus dem Sektor für den Sektor. Die Leute können zu uns hinkommen, den Sender erleben und sich ansehen, was wir tun. Das ist für uns sehr wichtig.

Warum haben Sie sich in diesem Jahr für Essen entschieden?

Löffler: Wir sind regelmäßig und sehr gerne im Ruhrgebiet. Natürlich ist es kein Zufall, dass wir jetzt im Jahr der Kulturhauptstadt nach Essen kommen. Das hatten wir schon vor zwei Jahre ausgemacht. Aber das ist nicht alles. Essen muss einfach sein. Wir waren schon im Ruhrgebiet in Duisburg, Bochum und Dortmund. Da kommt man natürlich an Essen nicht vorbei.

In Bielefeld haben Sie Bewohner in Form eines Bielefelder ABC’S nach Eigenheiten ihrer Stadt befragt. Ganz kurz, wofür stehen für Sie die Buchstaben Essens? E wie..., S wie...

Löffler: Oh je, das wird kompliziert. Also, „E“ wie „Essen“ - für die Stadt natürlich, das muss zu Beginn so sein. Dann „S“ wie „sexy“ - denn die Stadt ist erst richtig sexy, wenn 1Live vorbeikommt. „S“ wie „Superlativ“ - beim Programm von „Eine Nacht in Essen“ wird alles total super. Ok, noch ein „E“. Hm, jetzt wird es schwierig. „E“ wie „Ekstase“ - ernst wird es auf alle Fälle nicht, wir geraten vielmehr richtig in Ekstase. So, und zuletzt „N“ wie „Nacht“ - die darf natürlich bei „Eine Nacht in Essen“ nicht fehlen.

Wie wird ein solches Event eigentlich geplant?

Löffler: Erst einmal ist es wichtig, nachzuforschen, welche Locations es in der Stadt überhaupt gibt und in welchen man bei so einem Projekt arbeiten kann. Man überlegt sich: Welchen Charakter strahlen sie aus? Und welche Acts kann ich hier hinstellen? Im Lauf der Jahre bekommt man ein Gefühl dafür, zu erkennen, welche Künstler wo funktionieren könnten. Dann schaut man sich den Terminkalender an und prüft, welche Künstler zu diesem Termin zu bekommen sind. In Essen war klar, dass die Lichtburg mit dabei sein muss – das ist eine der schönsten Locations überhaupt. Essen steht aber auch für Zeche Zollverein, da fügt sich ein Teil zum anderen. Schwierig wurde es mit der Weststadthalle. Die hätten wir gerne mit dabei gehabt, aber wir wussten lange Zeit nicht, was daraus wird. Wir wurden ständig von der Stadt vertröstet, bis wir dann die Location leider doch aufgeben mussten.

Die australische Band The Temper Trap wird mit General Fiasco ein Radiokonzert geben.  Foto: 1Live
Die australische Band The Temper Trap wird mit General Fiasco ein Radiokonzert geben. Foto: 1Live

Unter welchen Kriterien wählen Sie die Locations aus?

Löffler: Erst einmal muss die Location für Rockkonzerte geeignet sein. Es ist gut, wenn an dem Ort eine Bühne steht. Es muss Fluchtwege geben, Toiletten und Garderoben. Die Veranstaltungsstätte muss eine bestimmte Breite und Höhe haben. Dies alles im Blick zu haben ist eine Wahnsinnsaktion. Es gibt in den Städten Locations, da muss man einfach sein. Und dann gibt es Orte, die für Konzerte eigentlich nicht geeignet, aber ungewöhnlich und deshalb interessant sind. Man klappert alles ab, muss sich aber immer auch die Frage stellen, ob das alles logistisch überhaupt zu machen ist. Manchmal klappt es dann nicht. Das ist uns auch schon passiert. Vor ein paar Jahren hatten wir das mit „Curse“ in Duisburg. Ich wusste nicht, wohin mit ihm, denn ich hatte einfach keinen geeigneten Ort gefunden. Das hat uns schon extrem weh getan.

Warum haben Sie sich gerade für die Lichtburg entschieden? Immerhin ist ein Kinosaal als Konzertlocation nicht gerade alltäglich.

Löffler: In der Lichtburg gab es ja schon einige Konzerte und wir selbst hatten hier schon eine Comedy-Aktion. Wir gehen gerne in Locations, bei denen man nicht eins zu eins sagen kann, dass sie eine typische Konzertlocation sind. Gerade für Xavier ist die Lichtburg großartig. Er hat Fotos angeschaut und war begeistert. Das Konzert verspricht ohnehin viel, das zeigt besonders der Ticketverkauf. Nach sechs Minuten gab es keine Tickets mehr, das ist irre. Es waren viele traurig, keine Tickets bekommen zu haben, aber das ist leider immer so.

Wenn eine Stadt feststeht, wann beginnt die Planung?

Löffler: Mit der Planung beginnen wir nach der 1Live Krone im Dezember.

Und was genau sind Ihre Aufgaben?

Löffler: Ich bin hauptsächlich für das Booking der Künstler zuständig. Als Leiter der Musik- und Eventredaktion bin ich aber auch bei vielen Meetings mit dabei, in denen entschieden wird, welche Künstler zu welcher Location passen. Ich bin der Kontakt zu den Künstlern. Mit den technischen Dingen habe ich dagegen nichts zu tun. Ich bin mehr für den Inhalt verantwortlich. Das bedeutet auch, sich mit den Senderechten auseinanderzusetzen.

Wieviele Personen sind insgesamt am Projekt beteiligt?

Löffler: In den ersten Monaten sind es sechs bis sieben, dann immer mehr. Am Abend selbst sind es bestimmt 300 Leute in den 15 Veranstaltungsorten.

Wie groß ist der Aufwand von „Eine Nacht in...“?

Löffler: Der Aufwand der Übertragung wird immer größer. Früher, ganz zu Anfang von „Eine Nacht in...“, haben wir in den ortsansässigen WDR Lokalstudios gesessen und sind von dort auf Sendung gegangen. Doch da hätten wir genauso gut in Köln sitzen bleiben können. Es lohnt sich viel mehr, wenn die Moderatoren ganz nah bei den Leuten sind. Diesmal senden wir morgens ab 5 Uhr aus dem Cafe Solo, das liegt direkt neben der Lichtburg. Die Menschen können kommen, einen Kaffee trinken und uns bei der Arbeit zuschauen. Diese Idee wurde in den vergangenen Jahren phänomenal angenommen. Die Leute standen schon um 4.30 Uhr vor der Tür. Für die Technik extrem aufwändig wird der Abend, denn dann sind wir von 20 bis 1 Uhr live aus Essen zu hören.

Einen ganzen Tag mit einem Radiosender in eine andere Stadt zu ziehen: Was kostet das eigentlich?

Löffler: Das kann ich so genau gar nicht sagen. Wir nehmen ja auch Eintritt und versuchen so, die Aktion wieder zu refinanzieren. Das Programm, das wir senden, kostet ja so oder so – ob im Studio oder vor Ort.

Wenn der große Tag dann endlich gekommen ist: Wann sollte das 1Live-Team spätestens vor Ort sein?

Löffler: Es kommt ganz darauf an. Die Technik fängt mit dem Aufbau zwei Tage vorher an. Die Ü-Wagen sind meistens einen Tag vorher vor Ort. Das ganze Team ist dann morgens da. Und wenn wir fertig sind, dann werden sofort die Stecker gezogen, und in der Nacht ist schon alles wieder weg.

Wie sehen Ihre Aufgaben vor Ort aus?

Löffler: Ich habe meinen Pass um den Hals hängen, mein Handy immer in der Hand und fahre von einer Veranstaltung zur nächsten. Ich versuche, alle zu schaffen und wenigstens für zehn Minuten vor Ort zu sein. Manchmal kommt es dann vor, dass es irgendwo klemmt. Dann wurde zum Beispiel einer Band nicht gesagt, dass sie live im Radio zu hören ist, und sie protestiert. Meine Aufgabe ist es, mit dem Management zu sprechen und das zu klären. In den Jahren habe ich viel Erfahrung gesammelt, und es wird leichter. Im Vorfeld sind wir übrigens auch in intensiven Gesprächen mit der Stadt und klären sie noch einmal auf, was da auf sie zukommt.

Auch  Comedian Jimmy Breuer ist in Essen mit dabei. Foto: 1Live
Auch Comedian Jimmy Breuer ist in Essen mit dabei. Foto: 1Live

Was war Ihr schönstes „Eine Nacht in...“-Erlebnis?

Löffler: Da gab es einiges. Richtig schön war zum Beispiel eine Vorbesichtigung in Bielefeld. Die Location war ein Friseursalon, in dem auch schon Comedy-Veranstaltungen stattgefunden hatten. Bei unserem Besuch hat man extra für uns Plätzchen gebacken. Das war toll, denn es ist schön zu erleben, wie sich die Menschen freuen, dass man kommt. Ein weiteres schönes Beispiel ist das Clueso-Konzert im vergangenen Jahr in Münster. Da herrschte eine absolut euphorische Stimmung, die uns einfach angesteckt hat. Die Atmosphäre war so phantastisch. Wir haben uns nur gedacht: Alleine dafür hat es sich wirklich gelohnt.

Und was war Ihr schlimmstes Erlebnis?

Löffler: Das Schlimmste bei solchen Veranstaltungen ist, wenn jemand kurz vorher absagt. Schade ist auch, wenn man eigentlich einen Künstler unbedingt haben will, das aber leider letztendlich doch nicht klappt. Wir hätten in diesem Jahr unheimlich gerne Mumford & Sons mit dabei gehabt. Das stand auch schon fast fest, aber sie mussten dann doch absagen, weil sie zu dieser Zeit in den USA sind. Aber die kommen wieder, das geht ja jetzt alles erst richtig los mit ihnen.

Leider kann ein Mensch nicht gleichzeitig an verschiedenen Orten sein. Wie sollte deshalb ein „Eine Nacht in...“-Fan vorgehen, um möglichst viel mitzubekommen?

Löffler: Ein super Tipp ist der „Eine Nacht in Essen“-Mega-VIP-Pass, den es kurz vorher in 1Live zu gewinnen gibt. Das Ding muss man haben, weil man damit zu allen Events kann. Ansonsten ist das Beste, sich schon ganz früh seine Lieblingsband auszusuchen. Aber das ist ja jetzt schon alles ausverkauft. Deshalb wäre mein Tipp, sich die Lieblingsparty auszusuchen und rechtzeitig da zu sein. Auch im Sendezentrum vorbeizuschauen und sich dort schon einmal „einzugrooven“ kann nicht schaden. Und man sollte den ganzen Tag über 1Live hören, um mitzubekommen, wo es noch Kapazitäten gibt.