Essen.

Die wieder sichtbaren Bäche, neuen Seen und Rad-Routen gelten als große Chance gerade für Wohnlagen im Essener Norden, die bislang oft ein kümmerliches Dasein fristen. Die Stadt hat außerdem unter dem Titel „Essen erfahren“ drei neue Rad-Routen im Bau.

Essen wandelt sich städtebaulich vielerorts zum Besseren - das ist bekannt. Doch diese Entwicklung geschieht nicht nur schubweise und durch spektakuläre Bauten, sondern auch an vielen hundert kleineren Stellen, die sich dann idealerweise zu einem Mosaik zusammenfügen. „Wege zum Wasser“ ist so ein Projekt, dessen Nutzen Baudezernentin Simone Raskob in einer jüngst gezogenen Zwischenbilanz hoch einschätzt, ohne dass es schon ausreichend bekannt wäre. „Wir müssen darüber wohl mehr reden.“ So sei es.

Mehr als nur Freizeit

Die Grundidee ist einfach: Essen ist von Süd nach Nord durchzogen von Bächen, die alle letztlich in die Emscher münden und sich derzeit im Zuge des Emscher-Umbaus von offenen Abwasser-Vorflutern zu jener Art Bach zurückverwandeln, die sie vor der Industrialisierung einmal waren. Oft existieren Betriebswege der Emschergenossenschaft, die früher meist verbotene Zonen waren, jetzt aber nach und nach für alle geöffnet und durch Lückenschlüsse erweitert werden. „Für die Freizeit- und Tourismus-Nutzung sind die Wege an solchen Bächen ideal“, meint Bernd Schmidt-Knop, Betriebsleiter Grün und Gruga.

Aber es geht um mehr als nur um Freizeit: Vom kleinen Hausbesitzer bis zu den großen Wohnungsbau-Unternehmen entdecken viele, dass die Bäche - erst Recht aufgestaut zu kleinen Seen - das Wohnumfeld stark verbessern können. Menschen leben einfach gern am Wasser und sind dafür häufig bereit, mehr zu bezahlen - das ist die Erfahrung etwa am Duisburger Innenhafen.

Auch in bisher mäßigen Lagen und sozial schwierigen Stadtteilen können sich dann umfangreiche Sanierungen im Bestand oder aufwändige Neubauten durchaus lohnen. Ein Beispiel dafür ist das Niederfeld an der Grenze Bochold/Altendorf. Wo sich derzeit noch zwei Abwasserbäche treffen, ist 2011 die Aufstauung eines zwei Hektar großen Sees geplant, der die Gegend aufwerten und für Leute interessant machen soll, die es derzeit gewiss nicht in diesen Teil der Stadt zieht.

Ein anderes Beispiel ist für Schmidt-Knop die Siedlung Assmannhof im Nordviertel, die der Allbau inzwischen saniert hat. Die Häuser standen zwar schon immer direkt am Segerothpark, doch erst die Aufwertung des früheren Friedhofs im Rahmen von „Wege zum Wasser“ habe verdeutlicht, welche Lagegunst hier im Grunde vorhanden ist.

Interessanter Sommer

Wege zum Wasser, das meint aber auch Rad- und Spazier-Routen entweder neu zu bauen oder zu verknüpfen, Wege, die von der Emscher zur Ruhr führen, manchmal an Bächen entlang, manchmal nicht. Eine der drei Nord-Süd-Routen, die westliche, ist fertig, zwei andere in der Mitte und im Osten sollen im Laufe dieses Jahres folgen. Das A und O solcher Themenwege ist eine zuverlässige, einheitliche Beschilderung, die laut Raskob geplant und teilweise schon fertig ist.

Und noch einen Typus Freizeit-Radweg wird es geben: „Essen erfahren“. Unter diesem Etikett sind zwei auch touristische Rad-Routen im Bau und eine, die Route Süd, ist bereits fertig. Sie nimmt im wesentlichen den altbekannten Rundweg am Baldeneysee auf, ergänzt durch einen Schlenker Richtung Velbert (siehe Text unten). Die Route West führt kreisförmig von der Innenstadt bis Schönebeck und zurück und besitzt als Rückgrat den kurz vor der Freigabe stehenden Radweg auf der Trasse der Rheinischen Güterbahn. Die Route Nord erschließt ebenfalls als Rundweg und auf neuen, für Radler umgebauten Güterbahntrassen die Sehenswürdigkeiten im Norden - von Zollverein bis zur Schurenbachhalde. Beide sollen bis Juni fertig sein. Stadt-Herumtreibern mit und ohne Rad, die neue Wege entdecken wollen, winkt somit ein interessanter Sommer.