Die Essener Bäderpolitik kommt in Bewegung. Ein neues Kombibad im Nordwesten- ist nicht mehr unwahrscheinlich und als Voraussetzung dafür scheint sich selbst der Hesse-Knoten langsam zu lösen.

Darauf deuten die bäderpolitischen Absetzbewegungen hin, die SPD und FDP jüngst in einer bemerkenswerten Mitteilung vollzogen.

Beide Parteien verstehen sich als Schutzpatrone des recht maroden Freibades am Rhein-Herne-Kanal, das sie gemeinsam mit den Linken vorläufig vor der Schließung bewahrten. Allerdings: Den auf 3,5 Millionen Euro taxierten Umbau in ein Sport- und Gesundheitszentrum mit winzig kleiner Wasserfläche - von der SPD zunächst „charmant“ genannt - soll es zum Verdruss des Trägervereins Ruwa Dellwig nun doch nicht geben

Die Linken waren klüger

Stattdessen soll „Hesse“ seinen Charakter als Kinder- und Familienbad behalten, und dabei auch noch „finanzierbar“ sein - was immer das genau heißen mag. Denn finanzierbar halten die Fachleute in der Bäderverwaltung und beim Essener Sportbund das bestehende Bad angesichts des Sanierungsstaus eben gerade nicht.

Wie man es auch dreht und wendet: Mit ihrer Neujustierung in Sachen Hesse lockern SPD und FDP faktisch ihre Dellwiger Nibelungentreue, auch wenn sie selbst es so (noch) nicht nennen mögen. Sie strecken zudem vorsichtig ihre Fühler in Richtung CDU, Grüne und Bürgerbündnis aus, die sich in der Sache auf die Fachmeinung der Sportverwaltung und des überparteilichen Espo stützen können. Auch in diesem Lager ist bäderpolitisch einiges im Gang. So wird anerkannt, dass der gesamte Nordwesten Essens ein neues Bad benötigt, das idealerweise Im Sommer wie im Winter nutzbar wäre. Die Kosten werden je nach Ausstattung mit mindestens zwölf Millionen Euro beziffert, was weniger utopisch ist als es klingt. Denn als finanzieller Ausgleich für einen solchen Neubau soll neben dem Hesse-Bad auch das marode Hallenbad Borbeck geschlossen werden, und vermutlich kommt das gleichfalls angeschlagene Hauptbad gleich mit auf die Schließungsliste.

Unterm Strich müsste sich so bei den Betriebskosten - vor allem Personal und Heizung - eine klare Ersparnis ergeben, was auch der Bezirksregierung ein Ja relativ leicht machen sollte. Das Heranschaffen der Investitionsgelder gilt dann ebenfalls als möglich.

Erstaunlicherweise waren es die sonst gern ideologisch argumentierenden Linken, die sich in der Bäder-Frage konstruktiv und pragmatisch zeigten. Sie haben den Plan für ein neues Nordwest-Bad populär zu machen versucht und bei ihren Partnern in der Hesse-Koalition, also SPD und FDP, dafür geworben, sich nicht für das Dellwiger Bad zu verkämpfen, sondern großräumiger zu denken - vergeblich, wie man weiß. Die SPD fürchtet nun den Vorwurf des Wahlbetrugs, wenn Hesse nach einer Schonfrist 2011 womöglich doch schließen müsste.

Die Bäderverwaltung will jedenfalls in Kürze einen Bericht vorlegen, der die Chancen für ein neues Bad abwägt und Vorschläge für einen Standort unterbreitet Man darf gespannt sein.