Essen.
In nur acht Monaten hat eine Bande von Telefonbetrügern 80.000 Opfer um insgesamt zehn Millionen Euro gebracht. Die drei Haupttäter aus Essen, Duisburg und Mülheim sitzen in Untersuchungshaft. Sie suggerierten den Opfern, an einem Gewinnspiel teilgenommen zu haben, das gebührenpflichtig sei.
Die Essener Polizei trat dezent auf und zerschlug zügig eine ganze Bande von Telefonbetrügern, die von einem Essener Call-Center aus telefonisch „Gebühren“ für die angebliche Teilnahme an einem Gewinnspiel eintrieb. Zehn Millionen Euro kamen in nur acht Monaten zusammen.
Die drei mutmaßlichen Haupttäter sitzen seit Dienstag in Untersuchungshaft, teilte Staatsanwalt Willi Kassenböhmer auf einer Pressekonferenz mit.Es handelt sich um die Call-Center-Betreiber, einen Essener (35) und einen Duisburger (36), außerdem um ihren „Personalchef“, einen 39-jährigen Mülheimer. Streng hierarchisch gegliedert und hoch professionell sollen sie mit 200 Mitarbeitern eine der bundesweit größten Telefonbetrügereien organisiert haben.
Wahllos telefoniert
Wahllos telefonierten die Mitarbeiter fremde Menschen an und suggerierten ihnen, sie hätten im Internet an einem Gewinnspiel teilgenommen, das bislang kostenlos war. Nun müssten aber 59 Euro Gebühren bezahlt werden. Bei 80 000 Angerufenen hatten sie Erfolg. Vor allem ältere Mitbürger fielen auf die Masche herein, gaben ihre Kontonummer preis oder überwiesen das Geld direkt. Bei Erfolg kannte die Bande keine Gnade. Wer einmal gezahlt hatte, bekam weitere Anrufe, in denen es um andere Gewinnspiele ging. In Einzelfällen wurde auch mit Inkassobüros gedroht. Die Telefonisten, vorwiegend Männer im Alter von 18 bis 30 Jahren, erfreuten sich einer professionellen Ausbildung.
17-seitiger Leitfaden
Zur Unterstützung gab es einen 17-seitigen Leitfaden. Da gab es ein Kapitel „häufig gestellte Einwände“. Aber auch Anweisungen, wie welche Frage zu beantworten ist. Wenn ein Angerufener kritisch nachhakte, gab es diese Antwort des Call-Center-Agenten: „Ich kann Sie ja verstehen, ich baue meine Karriere auch nicht auf einen Zufall auf.“ Oder der Vergleich zum Lotto: „Die Wahrscheinlichkeit, 22-mal vom Blitz getroffen zu werden, ist höher, als den Jackpot zu knacken.“ Die Bande selbst versprach eine 98-prozentige Gewinnchance bei ihrem tatsächlich gar nicht existierenden Spiel. Vor Augen hatten die Telefonisten im Call-Center großflächige Wandgemälde mit Dagobert Duck im Geldrausch.
Die Polizei rät, solche Gespräche sofort zu beenden. Bei Mahnungen für nicht abgeschlossene Spiele sollte die Polizei informiert werden.