Essen. .

Millionenkosten sieht der Deutsche Städte- und Gemeindebund auf die Kommunen zurollen, weil sie alle alten Verkehrsschilder austauschen müssen. Doch die Stadt Essen bleibt gelassen. Sie sieht keine Gefahr, dass Verkehrssünder sich auf ungültige Schilder berufen könnten.

Es liest sich wie ein Schildbürgerstreich, hat aber einen ganz ernsthaften Hintergrund. Seit 1992 gelten neue Verkehrsschilder in Deutschland. Keine großen Änderungen, aber immerhin: Beim Tempolimit steht nicht mehr „km“ neben der Zahl, beim Halteverbot ist die Pfeilspitze nicht mehr herzförmig, sondern offen und spitz, und beim unbeschrankten Bahnübergang hat der Intercity die gute, alte Dampflok abgelöst.

Nach und nach wurden die alten Schilder seitdem gegen neue ausgetauscht, immer dann, wenn sie es nötig hatten. Auch das war kein Problem, denn es galt eine Übergangsfrist. Seit 1. September 2009 gilt sie nicht mehr, weil in Berlin ein neues Gesetz Gültigkeit hatte. Seitdem sind die alten Schilder ungültig, eigentlich müssten über Nacht die neuen aufgestellt werden.

„Auch fehlerhafte Schilder sind zu beachten“

Schon klagt der Städte- und Gemeindebund: „Der unnütze Austausch noch brauchbarer Verkehrszeichen verschlingt Hunderte Millionen Euro. Dieses Geld könnte weiß Gott sinnvoll für die Schlaglochbeseitigung oder in mehr Bildung und Betreuung investiert werden.“ Schon gibt es Verkehrsjuristen, die den Schluss ziehen, ungültige Schilder seien nicht zu beachten, Einsprüche gegen Bußgelder also erfolgreich.

Doch die Stadt Essen macht Verkehrssündern wenig Hoffnung. Dieter Schmitz vom Amt für Verkehrs- und Baustellenmanagement sieht die durch den Bundestag in Berlin durchgeführte Streichung der Übergangsfrist zwar als „sehr, sehr unglücklich“ an, doch rechtlich sieht die Stadt kein Problem: „Nur Nuancen wurden geändert. Deshalb gilt, dass auch fehlerhafte Schilder zu beachten sind.“ Sollte sich das durch die Rechtsprechung ändern, erst dann müsse die Stadt reagieren.

„Wir machen jetzt eine Erfassung“

Ganz so groß sei das Problem auch nicht. Denn seit 1992 seien natürlich schon die meisten alten Schilder durch neue ersetzt. Schmitz: „Wir reden nur über die Schilder, die seit 1992 durchhielten.“ Das seien nicht viele, einen genauen Überblick habe man aber nicht. „Wir machen jetzt eine Erfassung“, sagt Schmitz und erinnert daran, dass im Stadtgebiet allein 165 Schilder auf die Philharmonie hinweisen. Nur um die Dimension zu verdeutlichen.

Das nordrhein-westfälische Verkehrsministerium hat auch keinen Überblick und will nun „eine Erhebung“ durchführen, versichert ein Sprecher. Und das Bundesverkehrsministerium gab der WAZ am Montag keine Auskunft. Es macht nämlich heute eine Pressekonferenz in Berlin, um zu zeigen, wie das Problem zu lösen ist.