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Wohltäter, Schlossherr - so ließ der Werdener Autohändler Friedrich Winkelmann sich gern nennen. Vor allem, wenn er sich wie beim Kauf von Schloss Baldeney „einen Traum“ erfüllt hatte. Doch aktuell steht er unter dem Verdacht des Insolvenzbetrugs. Eher ein Albtraum.
Kernpunkt ist weiterhin die doppelte Buchführung, die Winkelmann bei der finanziellen Bewertung seines Autohauses „MTW Motor Group Friedrich Winkelmann GmbH“ betrieben haben soll. Es ging um einen größeren Kredit bei der Commerzbank und eine Landesbürgschaft. Dafür soll er eine „Datev“-Buchhaltung als Sicherheit vorgelegt haben, die im Herbst 2007 einen Gewinn von rund 100 000 Euro auswies.
Gezielt Gelder aus der Firma gezogen
Die Fahnder wollen aber eine zweite „midata“-Buchhaltung gefunden haben. Und die nannte erheblich weniger Fahrzeuge und ein Minus im Herbst 2007 von rund dreieinhalb Millionen Euro. Außerdem soll er den Kreditgebern eine Steuernachforderung von 500 000 Euro verschwiegen haben. Zu diesem Betrugsvorwurf kommt die Insolvenzverschleppung, weil er am 18. Mai 2008 den Konkursantrag stellte, obwohl die Firma bereits 2006 pleite gewesen sein soll.
Gezielt soll Winkelmann nach Erkenntnis der Ermittler vor dem Konkurs Gelder aus der Firma gezogen haben. Die GmbH soll für ihre Standorte viel zu hohe Mieten an ihn persönlich gezahlt und zu Unrecht auch Wartungskosten für seine Oldtimer und Boote übernommen haben. Mitbeschuldigt sind ein Steuerberater und ein Wirtschaftsprüfer. Insider gehen davon aus, dass die Anklage gegen Winkelmann kurz bevor steht.
Ein tiefer Fall für einen Mann, der auf fast jeder Hochzeit tanzte. Es war ein rasanter Aufstieg, den der Autohändler in wenigen Jahren schaffte. Von Werden aus hatte er mit Mitsubishi- und Kia-Autohäusern das Ruhrgebiet erobert. Zwölf Filialen zählte er zum Schluss zwischen Duisburg und Dortmund. Als er im Juni 2006 eine neue Niederlassung in Castrop-Rauxel eröffnete, stand er laut Staatsanwaltschaft zwar schon kurz vor dem Konkurs. Ein Sprecher nahm den Mund aber noch voll: „Wir platzen aus allen Nähten. Die Verkaufszahlen haben sich binnen kurzer Zeit verdreifacht.“ Später begründete Winkelmann den Konkurs mit einem neuen Prämiensystem bei Kia ab dem zweiten Quartal 2007.
„Ich will etwas schaffen, worauf man stolz sein kann“
Wortgewandt war er schon immer bei seinen umtriebigen Geschäften. Als er 2003 den „Dicken Engel“, eine Szenekneipe in Werden, ersteigerte: „Dieses Haus hat Tradition und sollte deshalb auch in Werdener Hand bleiben.“ Oder zu seiner Motivation für den Umbau von Schloss Baldeney befragt: „Die Liebe zur Stadt. Ich will etwas schaffen, worauf man stolz sein kann.“ Am Licht- und Luftbad Baldeney ist er eine Zeitlang beteiligt. Immer wieder tritt er auch als Mäzen für Kinder auf, spendet dem Renate-Reuschenbach-Fonds bei der Arbeiterwohlfahrt, taucht prominent bei einem Boxkampf in der Gruga auf oder als Spender beim Landesmedienball.
Gerade aber das Schloss Baldeney, das er 1998 kaufte, zeigt, dass ihm ein tragfähiges Konzept fehlt. 2001 soll es ein Tanztempel sein, 2003 spricht er von „einer Art Beautyfarm mit Wellness“, richtet in den Seeterrassen eine „Sea Side Lodge mit Grillbüffet und Biergarten“ ein. Ruderrennen, Bootsanlegeplätze sind geplant. 2004 brennen die Seeterrassen ab, das Schloss selbst bleibt leer. Dann ist es plötzlich als Gästehaus der Uni im Gespräch, als Sitz der RAG-Stiftung, als medizinisch-naturkundliches Haus. Aber das Einzige, was sich bewegt, ist wohl die Schuldenlast.
24 Millionen Euro soll Winkelmann mit der MTW-Gruppe in den Sand gesetzt haben. Horst Giesen, der zusammen mit Winkelmann die Immobilienfirma „GWS“ in Mülheim betrieb, hatte sich vor einigen Jahren von ihm getrennt: „Als er in finanziellen Schwierigkeiten war, haben wir ihm ein Angebot für seine Anteile gemacht und sie ihm abgekauft.“ Der Firma gehören Gewerbegrundstücke in Kupferdreh und Werden, wo es wegen der Ansiedlung von Handelsgeschäften auch Differenzen mit der Stadt gab. Giesen sagt, er habe Winkelmann als „korrekten Kaufmann“ erlebt. Aber dieser habe wohl „falsch expandiert und sich übernommen“. Winkelmanns Besitz sei ja „hoch fremdfinanziert, und die Banken verlassen einen“. Giesens Fazit: „Ein Kaufmann sollte nie so hoch pokern, dass er mit dem Rücken zur Wand steht.“