Essen. .
Der Frühling naht und damit auch die Hochsaison des Grugaparks, die 2010 noch einmal relativ üppig ausfallen wird, bevor der Sparzwang enge Grenzen setzt. Ein Gespräch mit Bernd Schmidt-Knop, zweiter Werksleiter bei Grün und Gruga und Pressesprecher Eckhard Spengler.
Herr Schmidt-Knop, Herr Spengler, im Moment hat man das Gefühl, der Grugapark ist eine einzige große Baustelle. Wann sind Sie denn mal fertig?
Bernd Schmidt-Knop: Auf die Frage gibt es zwei Antworten. Erstens ist die Gruga tatsächlich eigentlich immer eine Baustelle, schon von ihrer Entstehungsgeschichte her. Sie dürfen nicht vergessen, sie ist als Leistungs-Schau des Gartenbaus entstanden, und ein Schau-Gelände wird eben immer umgestaltet, angepasst, es wird experimentiert. In dieser Tradition bewegen wir uns bis heute.
Und die zweite Antwort?
Schmidt-Knop: Der lange Winter macht uns zu schaffen, wir hinken bis zu sechs Wochen hinterher. Eigentlich wollten wir zu den Osterferien, wenn die Gruga-Saison beginnt, fertig sein, aber daraus wird nichts. Beispielsweise dauern die Kanalbauarbeiten zwischen Blumenhof und Messe länger.
Was hat es mit diesen Arbeiten auf sich?
Schmidt-Knop: Diese Arbeiten hängen mit der inzwischen abgeschlossenen ökologischen Verbesserung unserer Teiche zusammen. Vom Programm des Emscher-Umbaus profitiert auch der Borbecker Mühlenbach, der wiederum die Gruga-Teiche speist. Schmutz- und Abwasser werden nun konsequent getrennt, doch ohne Schmutzwasser ist der Mühlenbach nur noch ein Rinnsal. Deshalb müssen wir Regenwasser zuführen, in diesem Falle von den Dächern der Messehallen. Dafür bauen wir den Kanal zum Margarethensee. Und das dauert leider.
Der Sparzwang setzt auch der Gruga zu, darauf kommen wir noch. 2010 können Sie noch einmal halbwegs aus dem Vollen schöpfen. Was planen Sie?
Schmidt-Knop: Wir haben die Sommerblumenbeete vergrößert, der Irrgarten wird Ende Mai eröffnet und Spielplätze wurden aufgefrischt. Derzeit arbeiten wir auch an einem barrierefreien Rundweg vom Eingang Mustergartenanlage bis zu den Pflanzenschauhäusern, finanziert vom Landschaftsverband Rheinland (LVR). Das geschieht im Zusammenhang mit dem „LVR-Tag der Begegnung“, der am 20. Juni als Deutschlands größte integrative Veranstaltung hier organisiert wird. Natürlich ist es ärgerlich, dass dieser Weg frostbedingt bisher nur an Flatterbändern erkennbar ist. Dann wollen wir endlich unser Rosenzimmer im klassischen Stil am Rosengarten fertig stellen. Bei allem, was wir 2010 tun, fühlen wir uns auch den Kulturhauptstadtbesuchern verpflichtet.
Manchmal fragt man sich, ob die vielen Events und Aktionen, ob das Konzept Wundertüte für die Gruga wirklich sinnvoll ist. Warum konzentrieren Sie sich nicht stärker auf ruhige Erholung, auf Flora und Fauna?
Eckhard Spengler: Ich kann Ihren Eindruck nicht teilen. Die Sonderveranstaltungen werden bei uns nie die Oberhand haben. Sie werden auch das Wort Event bei uns nirgends lesen. Wir orientieren uns am gültigen Parkentwicklungskonzept, das gerade keinen Gemischtwarenladen vorsieht, sondern vielmehr eine Profilierung der Stärken. Die Gutachter haben uns damals deutlich gesagt, wo der Park seine Schwerpunkte setzen muss: bei den Themen Gesundheit, Kultur, Zoologie und Botanik, hier agiert auch die Schule Natur, eine Einrichtung, die über die Stadtgrenzen hinaus gerühmt wird.
Dennoch: Warum nicht noch ein bisschen mehr klassischer Park mit hohen ästhetischen Ansprüchen, und dafür ein bisschen weniger Rummel?
Spengler: Die Besucher wollen Pflanzen, Tiere, Ruhe. Und das bekommen sie. Das Parkfest findet einmal im Jahr statt, Konzerte gibt es auf der großen Tummelwiese auch nur maximal eines. Auch Veranstaltungen wie der Weltkindertag sind eine einmalige Angelegenheit. Dass wir mit unserem Grundkonzept richtig liegen, zeigt die Resonanz. Seit Mitte der 1990er Jahre, als wir die programmatische Änderung hin zum Familienpark vollzogen haben, ist die Besucherzahl von 760.000 auf über eine Million pro Jahr gestiegen. Wir haben im Übrigen so gut wie keine Negativmeldungen, außer Beschwerden über freilaufende Hunde, die nach Besucherordnung allerdings angeleint werden müssen.
Sie sagen, Sie veranstalten keine Events. Aber was ist ein Projekt wie das derzeitige „Parkleuchten“ denn sonst, zumal die Lichtanlagen tagsüber wirklich keine Augenweide sind?
Spengler: Das ist ja kein Feuerwerk. Was die Besucher zurzeit erleben können, ist ein sehr ruhiger Parkspaziergang mit ungewöhnlichen Lichtelementen. Und deshalb sage ich: das passt in die Gruga. Nachteile für die Tierwelt, wie im Vorfeld befürchtet, kann ich auch nicht erkennen, denn die Parkillumination steht ja nicht in den Ruhezonen, sondern am Hauptweg, wo pro Jahr eine Millionen Besucher entlanggehen, unsere Trecker fahren und die Gärtner intensiv arbeiten. Und auch die externen Gutachter aus dem Bereich Naturschutz geben uns bei der Bewertung der Veranstaltung Recht.
Wo wir gerade bei der Kritik sind: Die Gruga wirkt übermöbliert zum Teil mit banalen Bauten. Muss es in einem Park zum Beispiel unbedingt ein Kinderspielhaus geben? Ganz ketzerisch gefragt: Wenn es ohnehin marode ist, warum nicht auch einmal an Abriss denken?
Spengler: Kinder gehören mit ihren Eltern zur definierten Zielgruppe. Wo sonst können die Kinder wetterunabhängig, geschützt, umsonst spielen?
Am Haupteingang erscheint das Miteinander der vielen Nutzungen nicht immer einfach. Die einen wollen ruhig im Saunagarten der Gruga-Therme liegen, die anderen im Biergarten laute Musik hören. War das geschickt?
Schmidt-Knop: Wir haben hier eine gewachsene Struktur und den Blumenhof nicht von uns aus dorthin gestellt, wo er jetzt ist. Aber kein Zweifel, im Eingangsbereich existiert eine gewisse Enge. Ich denke aber, wir haben solche Konflikte im Griff. Sicher gibt es Freitag und Samstag Livemusik, aber eigentlich soll man hier in Ruhe sein Bier trinken. Man muss an dieser Stelle hinzufügen, dass das Gesamtkonzept finanziell nur aufgeht, weil Therme, Blumenhof-Gastronomie und Biergarten zusammengehören. Wenn der Biergarten nicht wäre, dann gäbe es auch für den Blumenhof keine Chancen. Wir haben je leider das Problem, dass die Wirte es vorher nie geschafft haben, an diesem Standort schwarze Zahlen zu schreiben.
Apropos Gastronomie: Warum überwiegt in der Gruga die Pommes-Kultur?
Schmidt-Knop: Es kommen viele Familien mit Kindern in die Gruga. Bevorzugt werden Pommes und Currywurst nachgefragt, das ist nun mal so. Es ist in der Vergangenheit mal eine grundlegende Änderung versucht worden, aber die Nachfrage ist da eindeutig. Ich weise aber darauf, wer normale Gastronomie will, der findet im Landhaus, in der Orangerie oder im Kurhaus durchaus Qualität zu angemessenem Preis.
Zum Positiven: Die Gruga-Therme macht nicht nur den Besuchern meist Freude, sondern offenbar auch Ihnen.
Schmidt-Knop: Das ist so, ja. Der alte Blumenhof hat Gruga und Messe hohe Verluste beschert, jetzt schreibt das Haus schwarze Zahlen. Gastronomie, Kurhaus, Biergarten zählen zusammen pro Jahr fast 200.000 Besuche, allein im Kurhaus sind es 120.000. Sehr hilfreich ist auch, dass die jetzige Messe-Geschäftsführung uns beim Thema Parkplätze hilft, wo sie kann. Früher war das alles viel restriktiver. Heute steht unseren Gästen der nächstgelegene Parkplatz P7 an etwa 200 Tagen pro Jahr zur Verfügung.
Wie ist das Verhältnis zum Nachbarn Messe?
Schmidt-Knop: Jedenfalls bedeutend besser als früher.
Trotzdem gibt es ja Konflikte. Wenn die hässlichen Hallen am Haupteingang ertüchtigt würden und sich das Miteinander von Messe und Gruga architektonisch ähnlich attraktiv gestalten würde wie bei den Bellini-Bauten der Messe-Süd einige hundert Meter weiter – wären da nicht ein paar hundert Quadratmeter Gruga zu verschmerzen?
Schmidt-Knop: Das ist ein kompliziertes Thema. Wichtig ist, dass Messe und Grugapark gemeinsam an einer Zukunft arbeiten, nicht getrennt. Das hat bei der letzten Messe-Erweiterung gut funktioniert.
Kommen wir zum Thema Sparen. Was steht in der Gruga zu befürchten?
Schmidt-Knop: In diesem Jahr geben wir noch mal alles, um Essen als grüne Kulturhauptstadt zu präsentieren. 2011 wird es dann sehr schnell anders. Jeder wird leider merken, dass wir noch erheblich mehr als früher sparen müssen. Den Standard der Blumenpflanzungen können wir nicht halten, wenn wir bis 2013 vier Millionen Euro bei Grün und Gruga sparen müssen. Da ein Teil unserer Kosten fix ist, müssen wir bei den variablen Kosten umso mehr sparen. Dazu zählt insbesondere die Pflege der Grünflächen.
Was ist mit dem Tierbereich?
Schmidt-Knop: Hier gibt es ein Problem mit der nicht genehmigten Wiederbesetzung von Planstellen. Tierhaltung ist personalintensiv, deshalb sind wir zu Reduzierungen gezwungen, und das voraussichtlich schon ab sofort. Wir prüfen, das Hirschgehege in andere Hände zu geben, auch aus der Überlegung heraus, dass im Heissi-Wald etwas Ähnliches schon existiert. Bei den Volieren werden wir auch genau hinsehen, was zu halten ist. Der Publikumsrenner Vogelfreiflughalle wird aber erhalten bleiben müssen.
Der Verlust bei den Vögeln wird viele betrüben. Doch ist es nicht sowieso ziemlich unzeitgemäß, große Greifvögel in Käfigen zu halten?
Spengler: Von Tierquälerei kann jedenfalls keine Rede sein. Wir haben bei den Greifvögeln sogar Nachzuchten, ganz schlecht kann es den Tieren also nicht gehen, zumal die Volieren größer als empfohlen sind.
Soll die Tierhaltung ganz wegfallen?
Schmidt-Knop: Nein, einen Kahlschlag wollen wir nicht. Schon als Attraktion für Kinder müssen wir einige Tiere behalten, etwas den Ponyhof und den Streichelzoo. Die Gruga war außerdem über viele Jahrzehnte Auffangstation für verletzte Vögel, bei uns arbeiten anerkannte Experten. Wir überlegen, diese Station zu erhalten. Alternative Konzepte müssen her, um so viel wie nötig und möglich anbieten zu können.
Die Gruga ist Ende 1920er Jahre auch entstanden, um Arbeitslose sinnvoll zu beschäftigen.
Schmidt-Knop: Auch diese Tradition haben wir beibehalten, anders geht es gar nicht. Unsere Erfahrungen mit der Essener Arbeit- und Beschäftigungsgesellschaft (EABG) sind sehr gut, der Standard bei der Bepflanzung im Stadtgebiet wäre schon längst geringer, hätten wir die EABG nicht. 1994 hatten wir für den gesamten Grün- und Grugabereich in Essen noch 830 Stellen, jetzt sind wir unter 500, wobei wir die anspruchsvollen gärtnerischen Arbeiten weiterhin Profis übertragen, eigenen und externen. Die Pflegeintensität kann nicht mehr gesenkt werden, ohne dass es auffällt.
Keine schönen Aussichten.
Schmidt-Knop: Nein, leider. Allerdings gibt es auch Positives. Im Juni eröffnet der botanische Garten der Universität, unser Kompetenzzentrum Grün am Külshammerweg wächst also weiter.
Gibt es da auch für normale Park-Besucher etwas zu sehen?
Schmidt-Knop: Es wird Bereiche für Besucher geben, auch Ausstellungen. Die Frage, was so ein botanischer Garten der Uni eigentlich macht, diese Neugierde will die Uni stillen. Eine Kooperation mit unserer Schule Natur ist schon vereinbart.