Essen. .
Karstadt, RWE, Hochtief, Thyssen-Krupp - die Konzerngrößen kennt man, doch in Essen sind auch Unternehmen beheimatet, die man als „Stille Riesen“ bezeichnen kann: Auf den ersten Blick unscheinbar, aber Giganten ihrer Zunft - wie die in Altendorf sitzende Noweda.
Die Arznei-Einkaufsgenossenschaft für bundesweit 7000 Apotheker ist mit Verkaufserlösen von 3,4 Milliarden Euro und 1800 Arbeitsplätzen der fünftgrößte Arzneigroßhändler in Deutschland - und macht einen Betriebsgewinn von rund 40 Millionen Euro.
Ein Hintergrundarbeiter
Was Noweda als Hintergrundarbeiter des Gesundheitssystems leistet, erlebt jeder Patient, dessen Apotheker die Arznei nicht da hat - in 24 Stunden wird deutschlandweit garantiert nachgeliefert; meist schafft das Noweda in zwei bis drei Stunden.
800 Frauen und Männer verpacken, transportieren und verwalten in Essen 120 000 verschiedene Arznei-Formen in den klinisch rein wirkenden computer-gesteuerten Lagerhallen an der Heinrich-Strunck-Straße, einer Parallelstraße zur Altendorfer.
Die seit Jahren mit sechs Prozent Umsatzplus über den Branchenschnitt wachsende Noweda pflegte eine eher bedeckte Unternehmenskultur, die der seit knapp fünf Jahren amtierende Vorstandschef Wilfried Hollmann nun aufbrechen will: „Selbst der Stadtspitze war lange Zeit unsere Bedeutung nicht bewusst.“
„Wir brauchen freie Fahrt, wir haben zeitkritische Transporte“
Richtig aneinander gerasselt sind der große Gewerbesteuerzahler und die Stadt vor zwei Jahren bei der Genehmigung des Baus einer bis zu 2000 Besucher fassenden Moschee ausgerechnet an der Straße in Altendorf (Hagenbeck), die für die Arznei-Auslieferung extrem wichtig ist. „Wir brauchen freie Fahrt, wir haben zeitkritische Transporte“, meint Hollmann, der die pünktliche Fahrt zu den Apothekern wegen parkender Autos in Gefahr sieht. „Und dann kaufen nachher unsere Apotheker woanders ein.“
Im Moment hat sich die Lage beruhigt, die Moschee ist noch längst nicht in Bau. „Wir würden das Grundstück kaufen, wenn die Moschee nicht mehr gebaut werden sollte“, sagt Hollmann. Noch heute kann sich der Noweda-Chef empören darüber, dass ihm in der Moschee-Debatte Ausländerfeindlichkeit unterstellt wurde. „Wir beschäftigen hier fast die ganze Erde. Wir haben nichts gegen eine Moschee, sondern nur gegen eine hochfrequente Einrichtung nahe unseres Lagers.“ Ein Ausweg sei die zusätzliche Öffnung hin zur Strunck-Straße für die Noweda-Fahrer - die Stadt sei hier aber noch zögerlich.
„Vielen Menschen täte einfach mehr Sport und frische Luft gut“
Die Zukunft seiner Branche sieht Hollmann rosig. Angesichts immer mehr älterer Menschen seien auch immer mehr auf Medikamente angewiesen. „Es lohnt sich, eine Apotheke zu führen. Apotheker werden künftig als Berater eher noch wichtiger als heute.“
Aber eigentlich findet Hollmann, dass die Deutschen zu viele Arzneien nehmen. „Als Unternehmer, der mit Arzneien Geld verdient, schlagen zwei Seelen in meiner Brust. Vielen Menschen täte einfach mehr Sport und frische Luft gut.“ Zu teuer allerdings seien die Arzneien in Deutschland nicht: „Wir liegen international im Mittelfeld.“