Essen. .
Wenn es um Tierversuche geht, dann scheiden sich die Geister. Das Thema ist vielschichtig und komplex, die unterschiedlichsten Interessen prallen aufeinander. Und: Tierversuche sind Realität. So auch im Zentralen Tierlaboratorium am Universitätsklinikum Essen.
Hier setzt sich Dr. Gero Hilken, als Leiter und Tierschutzbeauftragter, für das Wohl der Tiere im bislang Unvermeidbaren ein und organisierte jetzt das 17. Informationstreffen zu Tierschutzfragen. Rund 200 Tierschutzbeauftragte, Tierexperimentatoren, Tierschützer und Behördenvertreter kamen zu Gedankenaustausch und Fortbildung.
Denn Wissenschaftler sehen sich stets im Konflikt mit dem ethischen Grundsatz der Ehrfurcht vor dem Leben, der auch den Schutz der Tiere gebietet und andererseits dem Ziel des medizinischen Fortschritts zum Wohl des Menschen. „Daher kann man zum Schutz der Tiere gar nicht genug diskutieren“, so Hilken. Aber rechtfertigt der Zweck die Mittel? Auch Hilken sieht den ethischen Konflikt. „Aber solange es keine Alternativen gibt, können wir auf Tierversuche nicht verzichten“, so Hilken. „Die große Herausforderung ist daher, gute Wissenschaft mit maximalem Tierschutz zu vereinbaren.“
Fakt ist, dass rund 20 bundesdeutsche Gesetze sowie weitere rund 20 EU-Richtlinien Tierversuche vorschreiben. Doch Hilken stellt klar: „Wir forschen hier nicht für die Pharmaindustrie!“ Vielmehr entstehen die Fragestellungen für die Forschungen an den Krankenbetten des Uniklinikums. Gemäß den Schwerpunkten in Transplantationsmedizin, Tumorforschung sowie Herz- und Kreislaufmedizin beschäftigt sich auch die Forschung mit Fragestellungen aus diesen Bereichen. „Wir richten unser Augenmerk also auf die Krankheiten, an denen die meisten Menschen sterben“, so Hilken.
Rund 15000 Versuchstiere leben derzeit im Zentralen Tierlaboratorium – davon sind rund 14000 Mäuse und Ratten, außerdem gibt es noch Krallenfrösche, Meerschweinchen, Kaninchen, zehn Schweine, vier Hunde und zwei Schafe. Und auf alle Tiere hält Hilken wachsam seine Augen, kein Mitarbeiter darf ohne Schulung an sie heran. Hygiene und Sauberkeit sind oberstes Gebot, die Tiere sind frei von krank machenden Keimen.
„Jeder Tierversuch muss beim Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz beantragt werden“, erklärt Hilken. „Das ist ein aufwändiges Verfahren.“ Tierversuche selbst seien sehr teuer, schon allein deshalb sei man bemüht so wenige Tiere wie möglich für die Experimente einzusetzen. Moderne bildgebende Verfahren würden dieses Ziel unterstützen.
In den vergangenen Jahren, so Hilken, wurden am UK zudem zunehmend Studien mit Zell- und Gewebekulturen sowie In-vitro-Methoden eingesetzt. „Aber diese alternativen Methoden können halt nicht alle Tierversuche ersetzen“, so Hilken. „Beispielsweise Herzschrittmacher kann man nur in einem intakten Organismus testen.“
Realistisch betrachtet sind Tierversuche beim derzeitigen Stand der Wissenschaft nicht von heute auf morgen zu ersetzen. Angesichts von 2,5 Millionen Tieren, die laut Statistik des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz jährlich bundesweit für wissenschaftliche Versuche eingesetzt werden, stellt sich bei allem Für und Wider dennoch immer wieder die generelle Frage, ob das Wohl eines Lebewesens für das eines anderen angetastet werden darf.