Essen. .
Fast 80 000 Essener erhalten von der Stadt ihre Wohnung bezahlt. So steigen die Aufwendungen für Miete und Heizkosten von bedürftigen Einwohnern rasant: seit 2005 um 17 Prozent.
Am Mittwoch, 3. März, legt die Stadtspitze um Oberbürgermeister Reinhard Paß (SPD) und Stadtkämmerer Lars Martin Klieve ihr seit Wochen angekündigtes über 100-Millionen-Euro-schweres Sparpaket detailliert vor.
Aufwendungen um 17 Prozent gestiegen
Diese Maßnahme der im Zustand drohender Überschuldung befindlichen Stadt ist nicht nur notwendig, weil die Kommune über ihre Verhältnisse gelebt hat, sondern auch deshalb, weil Land und Bund Aufgaben auf die Städte übertragen haben, aber die tatsächlichen Kosten nur zum Teil übernehmen.
Ein Paradebeispiel sind die Aufwendungen für Miete und Heizkosten von bedürftigen Einwohnern, die die Städte seit der Hartz-Reform überwiegend zahlen müssen. Diese steigen in Essen rasant: Seit 2005 sind sie um über 17 Prozent geklettert - von 151 Millionen auf heute 182,5 Millionen. Also machen die Unterkunftskosten schon fast zehn Prozent des jährlichen Haushaltsvolumens der Stadt von knapp 2 Milliarden Euro aus.
Kaum beeinflussbar
Von diesen Ausgaben übernimmt der Bund nur 30 Prozent - und will ab diesem Jahr sogar nur noch 23 Prozent zahlen. Dabei ist die Zahl bedürftiger Einwohner einer Kommune - und damit die Höhe der Kosten - von den Verantwortlichen in einer Stadt praktisch kaum zu beeinflussen. Sie hängt vielmehr von der allgemeinen Wirtschaftsentwicklung ab.
So ist nach Angaben von Jobcenter-Leiter Torsten Withake tatsächlich die steigende Zahl an „Bedarfsgemeinschaften“, also an bedürftigen Haushalten, der Hauptgrund für die Kostenexplosion.
Bei gleichbleibender Zahl an Langzeitarbeitslosen klettert die Zahl der Menschen mit Hilfebedarf an, die nicht als arbeitslos eingestuft sind: Niedrigverdiener mit einem Lohn unterhalb des Existenzminimums, Alleinerziehende mit Kindern unter drei Jahren, arbeitsunfähige chronisch Kranke oder ältere Menschen im Ruhestand mit zu niedrigen Renten.
Maßnahmen ohne spürbaren Erfolg
Mittlerweile erhalten bereits 79 000 Essener, inklusive Kinder, Finanzhilfen des Jobcenters, vor allem für ihre Wohnkosten. Bei einer Bevölkerungszahl in Essen von rund 580 000 sind dies immerhin fast 14 Prozent aller Einwohner. Die Zahl der Bedarfsgemeinschaften lag Ende bei 40 461, vor einem Jahr waren es über 1100 weniger.
Um die Kosten in Schach zu halten, sind Maßnahmen ergriffen worden - ohne spürbaren Erfolg. So darf der Nachwuchs von Hartz-IV-Empfängern in der Regel nur dann eine eigene Wohnung nehmen, wenn er älter als 25 Jahre ist. Eine Ausnahme-Erlaubnis für Jüngere kann nur nach Einschaltung von Fallmanager und Jugendamt erteilt werden, etwa bei schwerem Streit mit den Eltern.
Zudem übernimmt Essen die Wohnkosten nur eng begrenzt: Als „angemessene Unterkunftskosten“ gelten für eine Person 217,50 Euro Kaltmiete pro Monat, für zwei Personen 282 Euro, für drei Personen 348 Euro, für vier Personen 413 Euro. Hinzu kommen Betriebs- und Heizkosten.
Wer die Beträge überschreitet, ist nach sechs Monaten Hilfebezug verpflichtet, aus der teuren Wohnung in eine billigere zu ziehen. Wie viele davon bisher betroffen waren, ist unbekannt. Laut Jobcenter berücksichtigen die Sachbearbeiter aber auch, wie lange der Hilfebedarf dauern wird, um abzuschätzen, ob sich ein Umzug für die Behörde auszahlt, da sie auch Umzugs- und Renovierungskosten übernehmen muss. Auch bei Älteren wird oft aus sozialen Gründen auf einen Zwangsumzug verzichtet, gibt das Jobcenter an.