Essen. .
Viele Essener Grundschulen leider unter chronischem Schulleiter-Mangel. 11 der 90 Essener Grundschulen haben derzeit keinen Leiter oder stellvertretenden Leiter. Manche sind seit mehreren Jahren ohne offizielle Führung.
Man behilft sich mit „kommissarischen“ Leitern oder „dienstältesten Kollegen“ als dauerhafte Provisorien. Viele Grundschul-Pädagogen wollen nicht den ersten Schritt tun – und aufsteigen vom normalen Lehrer zum stellvertretenden Leiter (in vielen Fällen heißen diese Stellvertreter „Konrektor“). „Konrektor zu werden, ist relativ unattraktiv“, sagt Ingrid Harbort-Klaffke, Personalrätin für Grundschul-Lehrer beim Schulamt. „Man hat plötzlich viel mehr Arbeit und Verantwortung, aber nur 140 Euro brutto als Zulage.“ Das ist ein Problem in Grundschulen – hier unterrichten mehrheitlich Frauen, nicht wenige als Teilzeitkräfte, um Familie und Job vereinbaren zu können.
Das Problem ist seit Jahren nicht in den Griff zu bekommen – schon im amtlichen „Verzeichnis der Schulen in der Stadt Essen“ von 2005 sind zehn Grundschulen in der Rubrik „Schulleiter“ oder „Vertreter“ mit einem „N.N.“ markiert – „Nomen Nescio“, Name noch nicht bekannt. Die neue Auflage des Schulverzeichnisses, Stand Februar 2010, kommt sogar auf 29 „N.N.“s bei den Grundschulen. Diese vielen Vakanzen, heißt es, seien aber mittlerweile großteils beseitigt.
„Schulleiterin zu sein, bedeutet deutlich mehr Arbeit“
Grundschul-Lehrer werden in der Regel nach „A12“ besoldet; das sind, je nach Dienstjahr, etwa 2700 bis 3700 Euro brutto pro Monat (volle Weihnachts- und Urlaubsgelder für Lehrer sind schon lange abgeschafft worden). Grundschul-Leiter steigen eine Stufe auf – „A13“ bringt zwischen 3000 und 4200 Euro brutto monatlich, also zwischen 300 und 500 Euro mehr. An großen Schulen werden geringe Zulagen gezahlt.
„Schulleiterin zu sein, bedeutet deutlich mehr Arbeit für eine verhältnismäßig schlechte Bezahlung“, sagt Ursula Dierkes, Leiterin der Grundschule „Am Krausen Bäumchen“. „Es fehlt vor allem an Leitungs-Zeit“ – Stunden, die vom Unterricht abgezogen werden, um Führungs-Aufgaben nachzugehen.
Führungs-Aufgaben, das sind: Hausmeister sein, falls der gerade abwesend ist. Längst nicht jede Schule hat noch einen eigenen Hausmeister. Oder: Sekretärin sein; Grundschul-Sekretariate sind nur sporadisch besetzt. Plus: „Es sind sehr viele dokumentarische und organisatorische Aufgaben hinzugekommen“, heißt es. Zum Beispiel der mit großem Aufwand eingeführte „Offene Ganztag“, die Betreuung von Kindern bis 16 Uhr. Die gestiegenen Ansprüche an ausformulierte „Schulprofile“, die beschleunigte Kommunikation mit Ämtern und Aufsichtsbehörden per E-Mail.
Vertrauen basiert auf Leidenschaft und Herzblut
„Als Leiterin machen Sie hier alles“, sagt Ursula Dierkes. Ach ja: Unterricht wird auch noch gegeben. Zwischen Schulleiter-Besprechungen, Schulkonferenzen, Teamsitzungen. Nicht wenige Grundschulen haben „jahrgangsübergreifende Klassen“, in der der Unterricht aufwändiger organisiert wird als in üblichen Klassen. Projekt-Arbeit gilt heute als Standard; und nicht zuletzt entsteht Druck durch die gestiegene Konkurrenz wegen der allgemein abnehmenden Zahl von Kindern.
Wer den Leitungs-Job übrigens „kommissarisch“ ausübt, erhält nicht mehr Geld – hier vertraut man aufs Herzblut und die Leidenschaft der Pädagogen, die einspringen. Und zwar jahrelang.